Das gesellschaftliche Leben wurde 2020 aufgrund der Corona-Pandemie in einen Dornröschenschlaf versetzt, in dem die Menschen kaum Gründe hatten zu streiten. So könnte man meinen. Doch weit gefehlt! Der aktuelle TCS Streitbarometer fördert zutage, dass im Corona-Jahr 2020 schweizweit sogar mehr Rechtsstreitigkeiten ausgetragen wurden als im Jahr zuvor. Vor allem rund um das Thema Arbeit wurde häufiger gestritten.
Rund 436 000 Policen aus dem Kundenportfolio des TCS in den Bereichen Privat-, Verkehrs- und Gebäuderechtsschutz wurden für die Studie ausgewertet. Die Analyse zeigt auf: im Durchschnitt führte mehr als jede siebte Person (15,2 Prozent) einen Rechtsstreit, 2019 waren es mit 14,8 Prozent noch leicht weniger.
Spitzenreiter punkto Streithäufigkeit bleibt die Region Genfersee, gefolgt vom Tessin und der Grossregion Zürich. Am wenigsten gestritten wird nach wie vor in Zentralschweiz. Dafür dauern die Fälle im Herzen der Schweiz am längsten – nach der Nordwestschweiz dauert ein Streit in der Zentralschweiz am längsten. Die Region mit der kürzesten Dauer ist weiterhin das Tessin. Durchschnittlich dauerte ein Rechtsstreit in der Schweiz 207 Tage, sechs Tage weniger als 2019. Übrigens: Der längste Fall, der 2020 abgeschlossen wurde, dauerte 6 084 Tage – das sind weit über fünfzehn Jahre.
Die Kosten für einen Rechtsstreit sind 2020 deutlich gesunken. Obwohl sich der teuerste Streit im Jahr 2020 auf die stolze Summe von fast 138 000 Franken belief, kostete ein Fall im Durchschnitt
1 611 Franken, das sind 134 Franken oder knapp acht Prozent weniger als 2019. Am teuersten bleibt auch hier die Genferseeregion, in der ein Streit fast dreissig Prozent mehr kostet als im Tessin, der neu günstigsten Region.
Bei den Geschlechtern hat sich im letzten Jahr wieder ein leichter Graben aufgetan. Nachdem Frauen und Männer 2019 noch gleich häufig stritten, waren es 2020 zehn Prozent mehr Männer, die einen Rechtsstreit führten. Die markantesten Unterschiede in der Streithäufigkeit zwischen den Geschlechtern sind in der Mobilität festzustellen. Männer streiten fast doppelt so oft um ihr Verkehrsrecht. Insgesamt haben Streitigkeiten im Verkehr während der Pandemie aber abgenommen, was auf die allgemein gesunkene Mobilität aufgrund der Corona-Massnahmen zurückzuführen ist. Dabei gab es nicht nur fünf Prozent weniger Streitfälle, sondern auch die Kosten sind um sieben Prozent und die Dauer um sechs Prozent gesunken.
Anders als bei der Mobilität ist die Streithäufigkeit im Privatrecht, also rund um die Arbeit, die Miete und den Konsum im letzten Jahr angestiegen, dies in allen Regionen und insgesamt um knapp fünf Prozent. Vor allem um die Arbeit wurde deutlich mehr gestritten, und zwar ganze siebzehn Prozent mehr als noch vor der Corona-Krise.
Die Studie steht zum freien Download zur Verfügung:tcs.ch/streitbarometer