Aus der Mode, aus dem Weg
Stil im Verkehr mit Jeroen van Rooijen
Das Autofahren ist, wie fast alle Dinge unseres Alltags, dem Zeitgeist unterworfen. Wie wir fahren, verändert sich zwar nicht so rasch und heftig wie die Modetendenzen auf den Pariser Laufstegen, dennoch gibt es einen stetigen Wandel. Gewisse Dinge kommen aus der Mode, andere scheinen gerade im Trend zu sein. Eine Umschau mit zehn Dos und Don'ts fürs Herumkurven:
OUT
- Auspuff-Aufsätze – Abgase sind nichts, worauf man heute den Fokus legen oder gar stolz sein sollte. Wer jetzt noch seine Kiste mit grossen Schalltöpfen aufmotzt, ist von vorgestern.
- Typenbezeichnungen – immer mehr Autos werden für einen spezifischen Käufer «auf Mass» gebaut, darum will man nicht mehr mit einer ollen Standard-Beschriftung gesehen werden.
- Hutablage – Glück hat, wer noch eine hat – Stufenheck-Limousinen und damit auch die Hutablage sind gerade sehr exotisch! Wenn dort tatsächlich eine Kopfbedeckung liegt, sollte man als Hintermann auf der Hut sein.
- Wackeldackel – ob man die putzig vor sich hin nickenden Hunde fürs Fenstersims überhaupt noch bekommt? Man profiliert sich damit jedenfalls nicht als Zeitgeist-König.
- Traumfänger – waren, am Rückspiegel baumelnd, mal das Erkennungszeichen sanftmütiger Zeitgenossen mit Hang zum Spirituellen... heute nur noch ein Staubfänger.
- Fell-Umrandung fürs Lenkrad – Oh wie wunderbar sich diese Lammfell-Dinger mit der Zeit anfühlten, mit ihrem typischen Zottelgriff, der mit der Zeit immer organischer wurde.
- Holzkügeli-Sitzauflagen – Gut für den Rücken? Ah ja, wer weiss. Gut für die Stil-Credibility sind die kurligen Sessel-Auflagen jedenfalls nicht.
- Ferien-Aufkleber – es gab eine Zeit, da musste von jeder erreichten Ferien-Destination ein Kleber ans Heck... ach, wie Reisen damals noch Abenteuer und Wagnis war!
- Getönte Fenster – wer hat in Zeiten totaler Transparenz noch etwas zu verstecken? Oder liegt auf dem Rücksitz etwa schmutzige Wäsche? Runter mit den kitschigen schwarzen Folien!
- Kleenex-Box – Nase putzen? Sonst etwas von der Rückbank wischen? Schon gut, aber muss ja nicht gleich jeder von weitem sehen.
IN
- Elektrisch fahren – wir sind zunehmend auf Strom! Billiger wird's nimmer, aber es fährt sich trotzdem herrlich neu und spassig.
- Fancy Rücklichter – oh wie sich die Designer gerade mit kreativen Lösungen fürs Heck überbieten! Hinterher fahren war nie bunter und facettenreicher.
- Weisse Fahrzeuge – hatten früher nur Polizisten und Sanitäter, heute die beliebteste Wagenfarbe – wenngleich mit erhöhtem Reinigungsaufwand verbunden.
- Niederquerschnittreifen – vorbei sind die Zeiten der hoch bauenden Ballon-Pneu. Heute fährt man einen Schüttelbecher mit sportlichen Flachprofil-Reifen.
- Stossfänger in Wagenfarbe – praktisch ist das nicht, aber die Karosserie-Spengler finden diese Idiotie der Jetztzeit natürlich super... gibt immer etwas neu zu lackieren!
- Cupholder – immer einen Cappuccino to-go dabei, so will es der Lifestyle... also braucht's im Auto die passende Halterung für den Pappbecher.
- Tablet-Style-Display – die gute alte Armatur, womöglich noch mit Tacho und Nadel, ist passé. Heute hat man alle Infos auf den zentralen Oversize-Tablets.
- Zweifarb-Lackierungen – war in den 1970ern mal ein grosses Ding und kommt nun wieder! Autos, die in zwei Farben lackiert sind, sind nicht mehr zwingend Oldtimer.
- Mattlack – bei sehr sportlichen Autos gerade hoch im Kurs. Ob es auch pflegeleicht ist, steht auf einem anderen Blatt...
- Kickunder-Heckklappenöffner – nicht erschrecken, wenn jemand seinen Auspuff zu treten scheint! So aktiviert man heute seine automatische Heckklappe.
- Rückfahrkameras – Sich verrenken zum Einparkieren? Macht keiner mehr, man hat dazu heute Kameras. Hoffentlich sind sie auch richtig kalibriert!
Jeroen van Rooijen, 51, ist der bekannteste Stilkritiker und Modejournalist des Landes (NZZ, SRF3 etc.). Er fährt am liebsten Velo, aber auch Auto – und organisiert seit 2011 den jährlichen «Style Ride», eine urbane Lustfahrt für schöne Menschen und Velos.
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