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Wo sind die Aufkleber hin?

Einst war es normal und schicklich, mit einem «Abziehbildli» am Heck des Fahrzeugs etwas Individualität zu markieren. Heute tun es nur noch Radikale. Was ist da geschehen?

Wenn ich mich richtig erinnere, war das Mitteilungsbedürfnis von Autofahrenden schon grösser als heute. In den 1970er und 1980er Jahren hatten Automobile nicht nur üppigere Namen als jetzt (Senator, Giulietta, Capri, Stingray), zudem taten die Besitzer jeweils gerne noch das ihre dazu, um dem vierrädrigen Besitz den individuellen Touch zu geben. Das beliebteste Mittel hierzu war der Aufkleber am Heck – damit teilte man seinen Mitmenschen (also: den hinterher fahrenden) mit, welche Überzeugungen, Träume und Ziele man hat. 

Hatte man etwa eine weit entfernte Reisedestination erreicht, so zierte fortan ein entsprechender Aufkleber das Auto. Im Laufe eines Lebens wurden es immer mehr – manche Camper-Busse waren rückseitig komplett mit Klebern dekoriert. Für den Normalverbraucher mit kleinerem Bewegungsradius taten es die Aufkleber, die politische Anliegen transportierten – Atomkraft? Nen danke! –, Präferenzen bezüglich Rockmusik ausdrückten – Highway to Hell – oder eine Neigung zu bestimmten nicht ganz legalen Genussmitteln markierten. Ich erinnere mich an eine unverfänglich wirkende Silhouette eines Mannes mit umgehängter Gitarre, die unter Eingeweihten anzeigte, dass die Insassen gerne Gras rauchen.

Doch nicht nur Kiffer, Rocker und Alternative hatten früher Aufkleber am Auto! Auch stramme Konservative zeigten durch Sticker eine überdurchschnittliche regionale Verbundenheit oder weltanschauliche Haltungen, etwa die Treue zu einer bestimmten politischen Partei. Nicht zu vergessen der stilisierte Fisch, der den braven Christen im Verkehr markierte. Ausserdem gab es die Blödel-Fraktion, die lustige Sprüche am Auto hatte: «Alt, aber bezahlt» ist ein Klassiker, oder auch «Nicht hupen, ich fahre schon Vollgas».

Heute hat man kaum noch etwas am Heck kleben – höchstens das im Ausland obligatorische «CH» ist ab und an noch zu sehen. Weltanschauungen oder politische Bekenntnisse lässt man jedoch lieber bleiben – die Welt hat sich so radikalisiert, dass so etwas riskant geworden ist. Man riskiert abgerissene Rückspiegel, eingeschlagene Scheinwerfer oder zerkratzte Lackflächen, wenn man zu sehr Farbe bekennt. Vandalen sind überall.

Nur absolut harmlose Dinge werden noch angeklebt, etwa die Namen der Kinder, oder die Umrisszeichnung einer präferierten Hunderasse. Und die ganz extremen Positionen sind übrig geblieben – in ländlichen Gegenden sieht man immer wieder den strammen «Eidgenoss» in Frakturschrift, kürzlich sah ich auch einen St. Galler mit dem Logo des Porno-Konzerns «Brazzers» in ganzer Wagenbreite. Es war wohl kein Geschäftsfahrzeug.

Die Beklebten sind heute Ausnahmen. Und der Trend, sich nicht mehr gross zu artikulieren, ist inzwischen auf die Hersteller übergesprungen – viele Marken bieten heute an, die Marken- und Typenbezeichnung ganz wegzulassen. Früher war man stolz auf seine schicken Lettern am Heck – 5.7 HEMI DOHC oder 560 SEL Kompressor –, heute muss der Hintermann raten, was da unter der Motorhaube steckt, weil es kaum noch brauchbare Hinweise gibt.

Für mich ist es ein Widerspruch, den ich kaum begreife: Die Autos von heute sehen fast alle gleich aus, man kann Marken und Typen nur noch bei näherem Hinschauen unterscheiden... da müsste doch der Drang, etwas Individualität zu zeigen, umso grösser sein? Ist er aber nicht. Und vielleicht ist den Menschen ja ganz recht so. Sie haben ja auch alle die gleichen Klamotten an. Und das gleiche Mobiltelefon in der Hosentasche. Dem Menschen ist offenbar wohl in der Anonymität der Masse. Das bedeutet: Meine Überzeugungen von einst, sie vergilben langsam.

Jeroen van Rooijen
Jeroen van Rooijen, 51, ist der bekannteste Stilkritiker und Modejournalist des Landes (NZZ, SRF3 etc.). Er fährt am liebsten Velo, aber auch Auto – und organisiert seit 2011 den jährlichen «Style Ride», eine urbane Lustfahrt für schöne Menschen und Velos.
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