Der Verkehr auf den Autobahnen nimmt täglich zu. Es vergeht kaum ein Tag, ohne Staumeldungen im Radio. Immer stärker wird der Ruf, das Rechtsüberholen auf der Autobahn zuzulassen, damit der Verkehr wieder flüssiger wird. Rechtsüberholen auf der Autobahn ist bei uns verboten - ein No-Go: Wer es trotzdem tut, wird nicht nur wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln bestraft, sondern muss den Führerschein für mindestens drei Monate abgeben.
Was sagt das Gesetz?
Heikler zu beantworten ist die Frage, wann rechts an Fahrzeugen vorbeigefahren werden darf, die sich auf der Überholspur befinden. Vorab gilt festzuhalten, dass dies an sich nur gestattet ist, wenn auf beiden oder allen drei Fahrspuren dichter paralleler Kolonnenverkehr vorhanden ist. Nun gibt es aber die Situation, dass auf der Überholspur wegen des zwar verbotenen, aber immer mehr verbreiteten notorischen Linksfahrens auf Autobahnen häufig dichterer Verkehr herrscht. Die Folge ist, dass es auf der Überholspur regelmässig zum Handorgeleffekt kommt, während der Verkehr auf der Normalspur flüssig und bei konstanter Geschwindigkeit schneller fliesst oder fliessen könnte.
In solchen Fällen ist das passive Rechtsvorbeifahren gestattet. Oder wie es das Bundesgericht in einem neuen Grundsatzurteil (6B_374/ 2015) sagt: «Ist die Verkehrsdichte auf der linken (und mittleren) Überholspur derart stark, dass sich die Fahrzeuge auf allen Spuren mit praktisch gleicher Geschwindigkeit fortbewegen, muss auf Geschwindigkeitsreduzierungen der Fahrzeuge auf der (linken oder mittleren) Überholspur, die häufig durch zu dichtes Auffahren und anschliessendem Abbremsen entstehen, nicht mit eigenem Abbremsen reagiert werden, sondern die Fahrt kann bei gleichbleibender Geschwindigkeit unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt fortgesetzt werden».
Und wenn zwei Autobahnen zusammentreffen?
Oft wird auch die Frage gestellt, ob im Bereich einer Zusammenführung zweier Autobahnen das Rechtsvorbeifahren gestattet ist. Auch hier hat das Bundesgericht kürzlich einen wichtigen Entscheid (6B_112/2016) gefällt: Sobald die Sicherheitslinie zwischen den zusammenkommenden Spuren der beiden Autobahnen endet, ist ein Rechtsvorbeifahren nicht mehr gestattet. Es ist also verboten, nach dem Ende der Sicherheitslinie noch schnell Gas zu geben, um rechts an einem von links herannahenden Lastwagen vorbeizufahren. Dies stuft das Bundesgericht «als besonders gefährlich» ein. Denn sie ist mit einer erheblichen Unfallgefahr verbunden, weil der Chauffeur des Lastwagens aufgrund des Rechtsfahrgebots auf die rechte Fahrspur wechseln muss.