Der Zentralpräsident des TCS, Peter Goetschi, unterstützt die geplante nächste Ausbaustufe der Autobahnen. Aufgrund des eingereichten Referendums hat das Volk im kommenden Herbst das letzte Wort.
In Bern wird derzeit viel über Infrastruktur gesprochen. Ist das wirklich so wichtig?
Peter Goetschi: Die Infrastruktur war, ist und bleibt für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft unverzichtbar. Hätten die Generationen vor uns nicht in Staudämme, Alpentransversalen und das Nationalstrassennetz investiert, ginge es der Schweiz bedeutend weniger gut. Mobilität steht für Freiheit, Versorgungssicherheit und Arbeitsplätze. Deshalb brauchen wir eine zuverlässige, effiziente und auf unsere zukünftigen Bedürfnisse ausgerichtete Infrastruktur, sei es Strasse oder Schiene.
Im Herbst werden wir über den nächsten Ausbauschritt bei den Autobahnen abstimmen. Werden wir die Schweiz zubetonieren, wie die Referendumsführer behaupten?
Die Frage, welche sich dem Schweizer Stimmvolk stellt, ist folgende: Wollen wir das bestehende Autobahnnetz gezielt auf 53 Kilometern erweitern? Oder, anders formuliert: Möchten wir 2,3 Prozent unseres Nationalstrassennetzes bedürfnisorientiert weiterentwickeln? Vorgesehen sind drei Tunnels in Basel, St. Gallen, Schaffhausen und zwei Verbreiterungen in Nyon–Vengeron und Wankdorf–Kirchberg. Entgegen den Behauptungen der Gegner kann also nicht die Rede davon sein, dass die Schweiz mit Beton übergossen wird. Vielmehr werden die Kapazitäten unseres Netzes dort gezielt verbessert, wo wir tagtäglich mit Staus konfrontiert sind.
Warum unterstützt der TCS den Beschluss des Parlaments und des Bundesrates?
Ganz einfach, weil die Strasse für unsere Mobilität zentral ist. Rund drei Viertel unserer Mobilität spielen sich auf der Strasse ab, sechzehn Prozent der Personenkilometer trägt die Eisenbahn. Eindrücklich ist dabei, dass die Nationalstrassen zwar nur drei Prozent unseres Strassennetzes ausmachen, aber rund vierzig Prozent des Per sonenund 74 Prozent des Güterverkehrs absorbieren. Umso wichtiger ist es, dass dieses Netz weiterhin effizient und zuverlässig ist, was übrigens auch für das Schienennetz gilt. Damit das so bleibt, will der Bund die Schienen- und Strasseninfrastruktur schrittweise und gezielt ausbauen.
Diese Projekte werden mehr als fünf Milliarden Franken kosten. Ist das in einer Zeit, in der der Bund überall sparen muss, angebracht?
Ja, es sind Mittel von der Strasse für die Strasse. Finanziert werden die Projekte ja über die zahlreichen Abgaben und Steuern für Autofahrende, die in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF fliessen. Seit Jahren wachsen die Reserven im NAF, mittlerweile belaufen sie sich auf rund vier Milliarden Franken. Durch die Verfassung sind die Mittel zweckgebunden für den Strassenbau. Das heisst, dass die NAFGelder nicht zur Finanzierung anderer Bundesaufgaben verwendet werden können. Bei der Finanzierung der Projekte besteht folglich kein Interessenskonflikt gegenüber den Sparambitionen des Bundes.
Wäre es nicht einfacher, unsere Mobilität einzuschränken und uns mit der bestehenden Infrastruktur zufriedenzugeben?
Dies ist illusorisch. Die Bevölkerung legt viel Wert auf Bewegungsfreiheit und ist sowohl für die Arbeit als auch in der Freizeit auf das Auto angewiesen. Als Mobilitätsclub vertreten wir denn auch dezidiert die Meinung, dass die Mobilität ein Motor unserer Gesellschaft ist und sie verantwortungsvoll weiterentwickelt werden muss. Dafür brauchen wir eine zuverlässige und auf unsere Bedürfnisse zugeschnittene Strassenund Schieneninfrastruktur. Dies gilt im Übrigen auch für unsere Versorgung.
Was sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Argumente für diesen Ausbauschritt?
Vorab gilt es zu beachten, dass unsere Strasseninfrastruktur in den 1960er-Jahren bei einer Bevölkerungszahl von fünf Millionen geplant wurde. Es ist unabdingbar, sie weiterzuentwickeln damit wir auch in Zukunft über ein zuverlässiges und funktionierendes Netz verfügen. Alsdann müssen wir verhindern, dass der Ausweichverkehr unsere Kantons- und Gemeindestrassen überschwemmt, weil sich auf den Autobahnen Staus bilden. Im Interesse der Verkehrssicherheit will wohl niemand, dass die Pendler morgens und abends innerorts an unseren Schulen vorbeifahren. Und schliesslich gilt es, diesen Ausbauschritt im Sinne unserer Gesamtmobilität zu unterstützen. Er ist vernünftig, verhältnismässig und ergänzt die Investitionen des Bundes in den öffentlichen Verkehr, insbesondere in die Schiene.
Nach dem Wahljahr 2023 folgt ein reich befrachtetes Abstimmungsjahr 2024: Dem Stimmvolk werden Vorlagen zu den Renten, der Gesundheit und Energie bis hin zur Biodiversität und zum Autobahnausbau unterbreitet werden.
Für den TCS steht natürlich ganz klar die Vorlage zum gezielten Ausbau unserer Nationalstrasse im Fokus. Wir brauchen in der Schweiz funktionierende Verkehrsnetze – Strasse und Schiene – und dafür werden wir uns auch einsetzen.
Es gibt in diesem Jahr aber auch noch andere Abstimmungsvorlagen, die einen grossen Einfluss auf unsere Mobilität haben. Ich denke da in erster Linie an das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung, besser bekannt unter dem Namen «Mantelerlass». Unter diesem Titel hat das Parlament letztes Jahr einen Kompromiss geschmiedet, um die Schweizer Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sicherzustellen. Rückgrat der Vorlage sind vereinfachte Bewilligungsverfahren, die Förderung von Energieeffizienz und ein klarer Rahmen für die Gewichtung von Natur- und Landschaftsschutz gegenüber dem raschen Ausbau unserer Energieversorgung.
Dieser Ausbau der Erneuerbaren ist auch für die Mobilität relevant. Der schrittweise Ausstieg aus den fossilen Treibstoffen zugunsten alternativer Antriebstechnologien ist eine Tatsache. Das bekräftigen nicht nur die Politik, sondern auch die Fahrzeughersteller. Für die individuelle Mobilität sind es vor allem Steckerfahrzeuge, welche sicherstellen sollen, dass wir uns auch in Zukunft frei bewegen können. 2023 war in der Schweiz jeder fünfte der neu in Verkehr gesetzten Personenwagen rein elektrisch betrieben, 2035 sollen es neun von zehn sein. Und bis 2050 soll unsere Mobilität schliesslich emissionsneutral sein.
Damit dieser Entwicklung nicht wortwörtlich und frühzeitig der Stecker gezogen wird, ist die Energieversorgungssicherheit unabdingbar. Für diese Sicherheit braucht es nicht nur Effizienzsteigerungen, sondern vor allem einen mittelund langfristigen Ausbau der Stromproduktion aus nachhaltigen und einheimischen Quellen. Hier bietet der Mantelerlass mit einem stimmigen Kompromiss Hand: Auch wenn den Erneuerbaren grundsätzlich Priorität eingeräumt wird, werden die Interessen von Natur und Landschaft berücksichtigt und dem Ausbau damit auch Grenzen gesetzt.
Auf diese Weise wird der Weg aufgezeigt, wie wir uns breiter und resilienter aufstellen, Abhängigkeiten reduzieren und Klima- und Energieziele unter einen Hut bringen können. Nutzen wir also diesen Booster, um unsere Mobilität auch in Zukunft voranzubringen.
Modern und weltoffen ist das Image unserer Städte, dessen Glanz sie weit über ihre Grenzen, ja gar die Landesgrenzen hinaus zu nutzen wissen. Sei es Genf und seine internationalen Organisationen, Lausanne mit dem Olympischen Komitee, Bundesbern, die Wirtschaftsmetropole Zürich, Basel mit seinen Kunst und Kulturinstitutionen, der Touristenmagnet Luzern oder Lugano mit seinem mediterranen Flair – Schweizer Städte können sich in der ganzen Welt in Anerkennung und Bewunderung sonnen.
Leider strahlt diese im internationalen Scheinwerferlicht geradezu zelebrierte Offenheit nicht bis in die lokale Verkehrspolitik – im Gegenteil! Statt den Zugang zu erleichtern, geben sich viele Städte grösste Mühe, sich wie eine Festung von ihrer Umgebung abzuschotten. Sie propagieren einseitig nach innen gerichtete Verkehrssysteme, welche ebenso einseitig auf zweirädrige und öffentliche Fortbewegungsmittel ausgerichtet sind und das Auto komplett ignorieren. Echte multimodale Verkehrskonzepte, die auch die Erreichbarkeit von ausserhalb der Städte miteinbeziehen, bleiben aussen vor. Abbau von Parkplätzen und Zugangsbeschränkungen werden immer mehr zentraler Teil der städtepolitischen Tagesordnung.
Aber ist es nicht im ureigenen Interesse der Städte, ihre Schranken auch für jene Personen zu öffnen, welche nicht das Glück haben, im Stadtkern zu wohnen? Hängt ihr Wohlstand nicht sowohl von ihren Einwohnern als auch von ihren Pendlern und Besuchern ab? Verstehen Sie mich richtig: Ziel ist nicht, dass jeder und jede mit dem Auto schnell sein Gipfeli beim Lieblingsbäcker im Stadtzentrum holt. Die Zentren müssen aber sinnvoll und einfach zugänglich bleiben – auch für alle jene, welche nicht von einer Direktverbindung mit der S-Bahn profitieren.
Ein Baum, dem man die Wurzeln abschneidet, kann trotz seiner Äste und Blätter weder wachsen noch gedeihen. Ebenso wenig sinnvoll ist es, eine moderne und weltoffene Stadt einfach abzuriegeln. Denn sie lebt nicht einzig von ihren Einwohnern, sondern auch von all den Leuten, die dort arbeiten, einkaufen, essen, studieren, sich unterhalten lassen und flanieren. Anders gesagt: Die Attraktivität einer Stadt nährt sich von ihrem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Angebot und Leben, von ihrer Bevölkerung und von ihren Besuchern. Ihre Erreichbarkeit, nicht nur, aber auch mit dem Auto, ist daher zentral.
Denken wir also über den sinnbildlichen Burggraben hinaus, und lassen wir unsere Städte prosperieren – statt sie wie
eine Festung zunehmend abzuschotten.
Das Parlament hat die Vorlage des Bundesrates für den nächsten Ausbauschritt auf unseren Autobahnen mit grosser Mehrheit angenommen: gezielte Erweiterung dreier Tunnel in Sankt Gallen, Basel und Schaffhausen zum einen, je eine zusätzliche Fahrspur auf dem Abschnitt Wankdorf–Schönbühl–Kirchberg (BE) und auf der Achse Le Vengeron (GE)–Coppet–Nyon (VD) zum andern. Das rund fünf Milliarden teure Projekt wird über den Strassenfonds (NAF) finanziert, der ausschliesslich über Abgaben der Strassenbenützer gespeist wird.
Der Bundesrat erachtet die Anpassung dieser Abschnitte als nötig, um die Funktionalität des Gesamtnetzes zu gewährleisten. Denn wenn die Strassenkapazität dem steigenden Mobilitätsbedarf nicht mehr gerecht wird, explodiert die Zahl der Staustunden: Diese hat sich in den letzten zehn Jahren auf fast 40 000 verdoppelt! Der Verkehr selbst ist zwischen 2009 und 2019 um 139 Prozent gestiegen, insbesondere infolge des starken Bevölkerungswachstums. Gemäss Bundesrat droht uns bis 2040 auf über 450 Kilometern Autobahn gar eine komplette Blockierung, wenn wir die nun vom Parlament beschlossenen Massnahmen nicht ergreifen!
Trotzdem macht sich bereits eine ideologische Opposition breit und kündigt mit Slogans wie «Stopp Autobahn-Bauwahn» das Referendum an. Wie aber sieht die Realität aus? Nur eine einzige Zahl seitens der Bundesverwaltung sei hier genannt: Fünfzig Prozent des gesamten motorisierten Verkehrs beanspruchen drei Prozent des Netzes, sprich unsere Autobahnen. Ist ein hocheffizienter Verkehr auf den grossen, sicheren und leicht mit Schallschutz zu versehenden Achsen nicht sinn voller als eine Überflutung der Kantonsstrassen mit Ausweichverkehr? Die Mobilität wird nämlich nicht einfach so verschwinden, und sie lässt sich auch nicht einfach auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlagern, die zu den Stosszeiten genauso überlastet sind.
Seien wir realistisch, und treffen wir für die nächsten Jahrzehnte eine vernünftige Entscheidung. Hören wir auf, einzelne Autobahnverbreiterungen zu stigmatisieren, sondern denken wir daran, dass unser Nationalstrassennetz das Rückgrat unserer Wirtschaft und das Fundament unserer Mobilität ist. Unsere Autobahnen ergänzen sich mit unserem Schienennetz, für das in den nächsten zehn Jahren weitaus mehr Geld investiert werden wird, ohne dass dies in den strassenfreundlichen Kreisen Widerstand auslöst. Die Bevölkerung würde das angesichts unserer heute so multimodalen Mobilität auch nicht verstehen. Wenn Regieren Vorausschauen bedeutet, müssen wir heute in eine sichere, nachhaltige und frei wählbare Mobilität investieren. Bundesrat und Parlament können bei diesem neuen Schritt zum gezielten Ausbau unserer Nationalstrassen auf die volle Unterstützung des TCS zählen.
Die Kampagnen für die eidgenössischen Wahlen laufen auf Hochtouren – und Kaufkraft, Altersvorsorge, Energie und Zuwanderung stehen im Zentrum. Jede Partei, jeder/jede Kandidat/-in positioniert sich mit Schlagworten, Thesen, Vorschlägen und Forderungen. Das ist richtig und wichtig, soll sich doch das Stimmvolk eine klare Vorstellung zu den Kandidierenden machen können. Ein zentrales Thema kommt dabei in meinen Augen aber zu kurz: die Mobilität. Die Schweiz ist ein Volk von Pendlern, die Mobilität ist ein Grundstein unseres Wohlstandes – ohne funktionierende Mobilität steht die Schweiz still! Ohne Bewegungsfreiheit würden unser gesellschaftliches Leben und unsere Wirtschaft zusammenbrechen.
Wir haben das Glück, auf ein gut ausgebautes Verkehrsnetz zählen zu können – Strasse und Schiene. Es ist wichtig, dass beide Verkehrsträger auch in Zukunft leistungsfähig bleiben. Der Unfall eines Güterzuges im Gotthardtunnel im August und die damit zusammenhängende, andauernde Einschränkung des Zugverkehrs hat uns einmal mehr vor Augen geführt: Wir brauchen beide Verkehrsträger, den Bedürfnissen entsprechend, gut unterhalten, am besten kombiniert und gut vernetzt! Dessen müssen wir uns auch in der laufenden Klimadebatte bewusst sein. Ideologische, absolute Forderungen nach einer staatlich verordneten (und bezahlten!) Umver teilung auf die Schiene ist nicht nur illusorisch – die Kapazi täten sind bereits so am Anschlag, dass schon das sprichwörtliche «Sandkorn» genügt, den Fahrplan aus dem Takt zu bringen –, sondern auch gefährlich: Unsere Mobilität braucht definitiv die Redundanz von Strasse und Schiene – und Komplementarität zwischen Individual- und öffentlichem Verkehr.
Und das Ganze lässt sich auch nachhaltig bewerkstelligen. Wenn wir sehen, welche technologischen Fortschritte der Strassenverkehr zurzeit durchmacht – sei es beim Antrieb, in der Automatisierung oder in der Vernetzung –, so muss sich die Schiene «warm anziehen»: Die Automobilindustrie nimmt Milliarden in die Hände, um den Strassenverkehr (noch) sauberer und effizienter zu machen, autonome, also fahrerlose Taxis gehören an der Westküste der USA bereits zum Stadtbild und haben das Potenzial, die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Verkehr zu vermischen. Und auch die Luftfahrt hat seit geraumer Zeit begriffen, dass ein simples «weiter wie bisher» nicht zukunftsträchtig ist. Weder Ideologie noch Grabenkämpfe – vielmehr Offenheit, Weitsicht, Vernunft und Pragmatismus braucht die Schweiz auch in Zukunft, im Besonderen, wenn es um Mobilität geht! Die Parteien und die Kandidierenden täten gut daran, ihren Wählern auch zu zeigen, wo sie diesbezüglich stehen.
Wie mobil ist die Schweiz? Hierzu liefert der vom Bundesamt für Statistik (BFS) publizierte Mikrozensus Mobilität wichtige Antworten – und Opportunitäten. Die neueste Erhebung zeigt: Mobilität bleibt für unseren Alltag unverzichtbar. Für Arbeit, Ausbildung, Einkauf und Frei zeit sind Schweizerinnen und Schweizer täglich rund achtzig Minuten unterwegs. Pro Jahr legen wir im Schnitt 15 000 Kilometer zurück. Das entspricht etwa der Distanz zwischen der Schweiz und dem Südpol.
Hinsichtlich Verkehrsmittel ist die Schweiz multimodal aufgestellt, wobei das Auto einen wichtigen Platz einnimmt: Fast achtzig Prozent der Haushalte verfügen über ein eigenes Auto, zwei Drittel haben ein Velo und rund jeder zweite Haushalt besitzt ein ÖV-Abo. Trotzdem bleibt der motorisierte Individualverkehr (MIV) in den Debatten zur Multimodalität oft aussen vor. Zu Unrecht. Mit rund 21 Kilometern stemmt der MIV 69 Prozent der individuellen Tagesdistanz, und dieser Trend nimmt nicht ab. Schaut man auf die steigende Anzahl junger Erwachsener mit Führerausweis, tun politische Ressentiments seiner Bedeutung keinen Abbruch.
Sowohl der öffentliche wie auch der Individualverkehr sind erfolgreiche und leistungsfähige Verkehrsträger. Gleichzeitig stossen sie zu Spitzenzeiten an ihre Kapazitätsgrenzen. Sie gegeneinander auszuspielen oder die Bevölkerung gar zwangsweise in den ÖV zu verfrachten, ist vor diesem Hintergrund wenig sinnvoll. Vielmehr ist die ökologische Transition für alle Verkehrsträger voranzutreiben und ihre gegenseitige Vernetzung zu stärken.
In den Agglomerationen wird die Mobilität durch Ver dichtung und neue Verkehrsmittel immer komplexer. Hier kann die Vernetzung Abhilfe leisten und den Verkehrsfluss ver bessern – übrigens ein wichtiges Anliegen gemäss Zensus. Will man MIV-Nutzer mit an Bord, sind solche Verkehrsdrehscheiben nicht nur in den Zentren, sondern auch im Umland zu fördern.
Eine effiziente und funktionale Mobilität bleibt für die Schweiz unerlässlich. Entsprechend bedarfsgerecht und zielgerichtet sind ihre Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Der Mikrozensus Mobilität kann sachliche Grundlagen in die oft emotional aufgeheizten Debatten bringen. Nutzen wir diese für konstruktive Lösungen, statt weiter auf unrealistische Zwängerei zu setzen!
In den letzten zwei Jahren hat das Schweizer Volk den Behörden den Weg gewiesen. Mit der Ablehnung des CO₂-Gesetzes 2021 und jetzt mit der Annahme des Klimagesetzes hat der Souverän eine klare Botschaft gesendet: Er will Anreize und Investitionen, keine Verbote und vor allem keine überhöhten Abgaben. Darauf wird das Parla ment bei der Prüfung des neuen CO₂-Gesetzes achten müssen. Denn während sich das Klimagesetz darauf beschränkt, die Pariser Klimaziele in der nationalen Gesetzgebung zu verankern und einige Mass nahmen im Gebäude- und Industriesektor zu planen, werden im CO₂-Gesetz die erforderlichen Massnahmen im Bereich der Mobilität definiert. Hier werden die Weichen gestellt, um die ökologische Mobilitätswende zu erreichen.
In diesem Zusammenhang wird sich das Parlament insbesondere mit den Preisen an der Zapfsäule beschäftigen müssen und auch mit den Investitionen in Ladestationen, die zwischen 2025 und 2030 getätigt werden müssen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Elektromobilität zu bieten. Unser Gesetzgeber wird dabei gut beraten sein, sich an die beiden vergangenen Abstimmungen zu erinnern und die Vorlage zu bereinigen, die ihm der Bundesrat letztes Jahr unterbreitete. Zum einen blieben darin die Kosten einiger Massnahmen, die sich automatisch auf die Treibstoffpreise auswirken, unerwähnt, und es fehlte auch an klaren und transparenten Höchstgrenzen für diese Kosten. Zum anderen ist der Vorschlag der Regierung, was die Ladestationen betrifft, viel zu zögerlich: Er umfasst nur dreissig Millionen Franken pro Jahr, um Autofahrer und Unternehmen zu motivieren, eine Ladestation zu installieren, was bei weitem nicht ausreicht, um die zwei Drittel Mieterinnen und Mieter zu unterstützen.
Der TCS wird sich weiter für die ökologische Wende der Mobilität einsetzen. Er erwartet aber vom Parlament, dass es die geplante Erhöhung der Treibstoffpreise begrenzt und sich entschieden für eine echte Finanzspritze des Bundes in die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge einsetzt, indem es die vom Bundesrat vorgeschlagene Summe verdreifacht. Eine solche Investition wird das Portemonnaie von Autofahrern und Steuerzahlern nicht tangieren. Der Strassenfonds wird über die Treibstoffsteuer gespeist und erfreut sich über eine Reserve von 3,8 Milliarden Franken. Dieses Polster ist ein Segen! Nutzen wir diese Chance für die nächsten sechs Jahre, um insbesondere in die Basisinfrastruktur und das Lademanagement von Mehrfamilienhäusern zu investieren. Die Mobilität muss und kann die ökologische Wende weiterverfolgen. Sie wird in den kommenden Jahren die neue Herausforderung unserer Klimapolitik sein.
TCS Zentralpräsident Peter Goetschi nimmt im Interview Stellung, wo in der Klimadiskussion die Herausforderungen für die individuelle Mobilität liegen und warum der TCS das Klimaschutzgesetz unterstützt.
In diesem Winter waren wir in der Schweiz angehalten, Energie zu sparen. Was hat der TCS in diesem Bereich gemacht, und was ist noch geplant?
Peter Goetschi: Wir gehen das pragmatisch und mit konkreten Massnahmen an. Auf unserem neuen Deutschschweizer Verwaltungsgebäude in Ostermundigen und den zwei Aussenstellen Emmen und Ittigen haben wir Fotovoltaikanlagen. Wir verfügen über eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – Autos und Velos – in der Tiefgarage von Ostermundigen. Und an unserem Hauptsitz in Vernier werden wir ebenfalls in die Gebäudeeffizienz und Ladeinfrastruktur für unsere Mitarbeitenden investieren. Daneben prüfen wir laufend, wo wir uns im Betrieb weiter verbessern können, sei es bei Lüftung, Heizung oder Beleuchtung. Über den Winter haben wir so rund zehn Prozent Energie einsparen können. Das zeigt: Wir alle können und müssen einen Beitrag zur Lösung des Problems leisten.
Dennoch hält sich die Befürchtung, dass wir zu wenig erneuerbare Energien produzieren können, wenn nebst den Heizungen auch die Mobilität zunehmend elektrifiziert wird.
Es ist klar, dass wir in die erneuerbaren Energien investieren müssen, wenn wir von den fossilen Energieträgern wegkommen wollen. Hier hat das Parlament mit dem sogenannten Solarexpress (Anm. der Red.: Förderung hochalpiner Solaranlagen) ein starkes Zeichen gesetzt. Jetzt ist man daran, diese Grossanlagen zu planen. Gleichzeitig müssen wir aber auch energieeffizienter werden. Wärmepumpen und Elektromotoren leisten hier einen Beitrag. Ein Elektromotor ist drei bis viermal so effizient wie ein Verbrennungsmotor. Letztendlich werden wir mehr Elektrizität brauchen, aber unter dem Strich weniger Energie. Das ist das Ziel, und das müssen wir schaffen.
Um Energie wird es auch am 18. Juni beim Klimaschutzgesetz gehen. Warum hat der TCS bei dieser Abstimmung die Ja-Parole beschlossen?
Die Schweiz hat das Pariser Abkommen unterzeichnet. Und nun müssen wir die Schritte unternehmen, um diese Ziele zu erreichen. Dieses Gesetz zeigt den Weg auf, wie die Schweiz bis 2050 netto null Treibhausgasemissionen erreichen will. Es wird nicht mit Verboten gearbeitet, sondern mit Zwischenzielen und Anreizen. Gleichzeitig wird auch die wirtschaftliche und technologische Machbarkeit berücksichtigt. Das Gesetz zeigt einen gangbaren Weg auf, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens ohne Verbote zu erreichen. Letzteres war für uns als TCS ausschlaggebend.
Für die Mobilität ändert sich also vorerst nichts?
Die Mobilität ist bei dieser Abstimmung nicht direkt betroffen; durch die gesetzten, ambitiösen Ziele aber schon beeinflusst. Wie diese Ziele dann konkret umgesetzt werden, muss das neue CO₂Gesetz, das zurzeit im Parlament beraten wird, zeigen. Da werden wir ganz genau hinschauen, was die Mobilität leisten soll und kann. Es ist klar, dass auch die Mobilität zur Erreichung der Klimaziele ihren Beitrag leisten muss. Der CO₂Ausstoss muss kontinuierlich gesenkt werden, aber das muss mit Anreizen und nicht mit Verboten geschehen.
Sie gehen also nicht von steigenden Benzinpreisen aus wegen dem Klimaschutzgesetz?
Es ist wichtig, dass der gesamte motorisierte Individualverkehr erschwinglich bleibt. Der Umstieg auf die Elektromobilität wird nicht von heute auf morgen geschehen. Man kauft sich ja nicht jedes Jahr ein neues Auto. Und es wird nicht funktionieren, den Umstieg durch eine Verteuerung der fossilen Treibstoffe zu beschleunigen. Vielmehr müssen die Rahmenbedingungen für einen Umstieg stimmen. In diesem Sinne werden wir uns beim CO₂Gesetz dafür einsetzen, dass der Benzinpreis nicht in die Höhe schiesst.
Welche Erwartungen hat der TCS ans neue CO₂-Gesetz?
Da sind attraktive Rahmenbedingungen für Ladeinfrastrukturen von grosser Wichtigkeit. Das ist die Bedingung, damit die Bevölkerung umsteigen kann. Das Laden zu Hause, insbesondere auch in Mehrparteienhäusern, muss ermöglicht werden. Auch wichtig ist, dass der Umstieg durch Anreize und nicht über eine sinnlose Verteuerung der Treibstoffe passiert. Schliesslich sollte die Politik keine Technologie vorgeben. Für innovative und effektive Lösungen braucht es einen offenen Umgang mit Technologien.
Ende März hielt Bundesrat Albert Rösti eine Medienkonferenz zu seinen ersten hundert Tagen im Amt. Besonders hat mich gefreut, dass er die Infrastruktur zu einem Schwerpunkt seines Departements erklärte. Denn es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Grossteil unseres Nationalstrassennetzes stammt aus den Sechziger- und Siebzigerjahren und stösst an seine Grenzen. Immer mehr Stau und Rückverlagerungen auf Kantons- und Gemeindestrassen inklusive negativer Auswirkungen auf die umliegenden Siedlungen und die Verkehrssicherheit sind die Folge.
Mit dem Strategischen Entwicklungsprogramm (STEP) will der Bundesrat die Funktionsfähigkeit unseres Nationalstrassennetzes aufrechterhalten. Die im Februar an das Parlament überwiesene Vorlage enthält neben dem Zahlungsrahmen für Betrieb, Unterhalt und Anpassungen der Nationalstrassen insbesondere den Ausbauschritt 2023. Fünf dringliche und baureife Erweiterungsprojekte will der Bundesrat mit rund vier Milliarden Franken als Nächstes anpacken: Wankdorf–Schönbühl (BE), Schönbühl–Kirchberg (BE), Rosenbergtunnel (SG), Rheintunnel (BS/BL) sowie Fäsen staubtunnel (SH).
Leider ist die Vorlage noch nicht in trockenen Tüchern. Der VCS droht mit einem Referendum, hinzu kommt die aufgeheizte politische Stimmung vor den eidgenössischen Wahlen. Umso mehr gilt, in der Debatte einen kühlen Kopf zu bewahren.
In diesem Zusammenhang ist die kantonale Abstimmung vom 12. März und das Ja zu den beiden Berner Verkehrssanierungen («Aarwangen» und «Emmentalwärts») wichtig. Eine Mehrheit der Stimmberechtigten hat dort den Handlungsbedarf anerkannt und sich für ein effizientes Strassennetz ausgesprochen.
Das Nationalstrassennetz verdient die gleiche Behandlung. Die Mittel stammen aus dem gut gefüllten Nationalstrassenund Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Zu dessen wichtigsten Quellen gehört die Treibstoffbesteuerung. Die Finanzierung ist somit gesichert und erfolgt nach dem Prinzip «von der Strasse für die Strasse». Der Handlungsbedarf ist dringend, die Projekte realisierungsreif, die Finanzierung gesichert und die Zustimmung in der Bevölkerung vorhanden. Trotzdem regt sich wenig sachlicher Widerstand. Undenkbar bei der Bahninfrastruktur! Dabei ermöglicht erst das Zusammenspiel der Verkehrsträger und die Verknüpfung zwischen nationaler und regionaler Ebene ein effizientes Gesamtverkehrssystem. Dessen Anforderungen werden in Zukunft weiter steigen. Machen wir also den Weg frei und geben grünes Licht für ein leistungsfähiges Nationalstrassennetz.
Vor etwas mehr als einem Jahr hat der TCS seine Position zu Tempo 30 innerorts kommuniziert. Zusammen mit dem Informationsdienst des öffentlichen Verkehrs (Litra), dem Schwei zer Feuerwehrverband (SFV) und dem Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) unterstrich er die Notwendigkeit eines differenzierten Geschwindigkeitsregimes innerorts. Mit der von Link durchgeführten repräsentativen Umfrage sah sich der TCS in seiner Position bestärkt: Zwei Drittel der Bevölkerung wollte kein generelles Tempo 30, ein Stadt-Land-Graben war nicht ersichtlich.
Seither ist die Tempodebatte weder ruhiger noch übersichtlicher geworden. So kündigte die Stadt Genf ein generelles Tempo 30 in der Nacht an, die Stadt St. Gallen will ihre Tempo-30-Zonen erweitern, und der Schweizerische Städteverband fordert gar 30 km/h in allen Städten – um nur wenige Beispiele zu nennen. Gegensteuer gibt es unter anderem in Basel, Lausanne und Luzern mit Initiativen und Vorstössen. Und erst kürzlich hat der Verband des öffentlichen Verkehrs (VöV) seine Vorbehalte zu einem flächendeckenden Tempo 30 geäussert.
Doch was denken die direkt Betroffenen? Soeben hat Link eine zweite repräsentative Umfrage in den zehn grössten Schweizer Städten durchgeführt. Und siehe da, die Resultate sind kohärent mit jenen von 2022: Eine Mehrheit ist gegen ein flächendeckendes Tempo 30 und befürwortet vielmehr ein differenziertes Geschwindigkeitsregime. Während sich also eine klare Mehrheit der Betroffenen konsequent gegen willkürliche Temporegime ausspricht, scheinen die Behörden ebenso konsequent ihre Zwängerei fortsetzen zu wollen. Fortlaufend werden Ortschaften und Städte mit willkürlichen, kaum abgestimmten Geschwindigkeitsregelungen zugepflastert.
Das Ergebnis ist ein unübersichtlicher Flickenteppich an Geschwindigkeiten, Zonen und Regelungen. Die Netzhierarchie wird mit Füssen getreten – zum Leidtragen von Verkehrsfluss, Sicherheit, Attraktivität des ÖV und der mit Ausweichverkehr konfrontierten Quartiere.
Innerorts bleibt das Verkehrssystem mit all seinen Teilnehmenden und Anforderungen komplex, ein generelles Tempo 30 kann die Ansprüche eines Allheilmittels nicht erfüllen. Vielmehr braucht es ein differenziertes System, welches die Hierarchie des Netzes respektiert und dessen Funktionalität sicherstellt: grundsätzlich 50 km/h auf verkehrsorientierten Strassen und 30 km/h auf den siedlungsorientierten Quartierstrassen.
Auch wenn die Fakten klar und bekannt sind, ist es manchmal sinnvoll, sie in Erinnerung zu rufen. Juni 2021: Das Schweizer Stimmvolk lehnt die Revision des CO₂-Gesetzes mit 51,6 Prozent der Stimmen ab. Unter anderem ein schwer verständlicher Klimafonds und zusätzliche Treibstoffabgaben von bis zu zwölf Rappen pro Liter haben die Mehrheit der Stimmbürger dazu bewogen, ein Nein in die Urne zu legen. Seitens Behörden und Politik kam unisono: Das nächste Gesetz muss auf Anreize, nicht auf Strafen setzen! Nur mit wirkungsvollen Rahmenbedingungen, Subventionen und Unterstützung wird das Schweizer Volk bereit sein, die von der Schweiz ratifizierten Klimaziele des Pariser Abkommens umzusetzen.
Kürzlich hat die Verwaltung nun einen neuen Gesetzesentwurf ins Parlament geschickt. Auf den ersten Blick scheint der skizzierte Weg befolgt: Die Kosten für die CO₂-Kompensation auf Treibstoffe sind wie im geltenden Gesetz auf fünf Rappen pro Liter beschränkt. Bei genauerem Hinschauen muss man aber feststellen, dass die Verwaltung eine neue Verpflichtung für die Treibstoffimporteure in das Gesetz eingebaut hat, nämlich das Inverkehrbringen von bis zu zehn Prozent erneuerbarer Treibstoffe. Da diese Verpflichtung nicht unter den FünfRappen-Deckel fällt, bringt der neue Gesetzesentwurf eine Erhöhung der Treibstoffpreise von bis zu fünfzehn Rappen mit sich – mehr als die vom Volk im Juni 2021 verworfene Vorlage! Dieser kaum erfolgsversprechende Ansatz schreit nach Korrektur. Dasselbe gilt für die versprochenen Rahmenbedingungen und die finanzielle Unterstützung: Für Ladeinfrastrukturen in Mehrparteiengebäuden, bei öffentlichen Parkplätzen und Unternehmen sieht das Gesetz jährlich dreissig Millionen Schweizer Franken vor. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber bei weitem nicht aus. Konservative Schätzungen rechnen damit, dass bis 2030 jedes dritte immatrikulierte Fahrzeug, also fast zwei Millionen, elektrisch angetrieben ist und regelmässig geladen werden muss. Damit ist der Nachholund Investitionsbedarf für die Ladeinfrastruktur enorm, und die dreissig Millionen Franken verflüchtigen sich zum Tropfen auf den heissen Stein. Ein neues CO₂-Gesetz ist notwendig, wenn wir unsere gesetzten Klimaziele erreichen wollen. Dabei müssen wir aber zwingend aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen und nicht kopflos in eine aussichtslose Richtung rennen. Ein Deckel für die Mehrkosten auf Treibstoffe, unter den im Juni 2021 vom Volk verworfenen zwölf Rappen, sowie Förderungsbeiträge von mehr als dreissig Millionen Schweizer Franken pro Jahr für die Ladeinfrastruktur sind notwendig, um die ökologische Transition der Mobilität voranzutreiben. Das Parlament hat es in der Hand, die Vorlage so zu korrigieren, dass sie vor dem Volk Bestand hat.
In den letzten Jahren durfte ich mich mehrmals mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga treffen und austauschen. Ich werde sie als Frau mit Überzeugungen, die aber auch zuhören konnte, in Erinnerung behalten. Auch wenn wir uns in vielen Belangen uneinig waren, nahm sie die Herausforderungen der Mobilität stets ernst. Für ihr Engagement im Dienste der Gemeinschaft möchte ich ihr danken. Nun ist das Uvek in den Händen von Albert Rösti, einem erfahrenen Parlamentarier, dessen Fähigkeit, Kompromisse zu schmieden, bei seiner Wahl allseits begrüsst wurde. Als Präsident des TCS habe ich seit Jahren mit ihm zu tun und muss schmunzeln, wenn ich nun lese, dass Albert Rösti an die Strassenlobby gekettet sei. Das ist nicht der Mann, den ihn kenne. Vielmehr würde ich ihn wie folgt beschreiben: unabhängig, diskussionsfreudig, pragmatisch. Eigenschaften, die in einer Regierung wie der unsrigen entscheidend sind, um Projekte voranzubringen und Mehrheiten zu finden. Ungeachtet der politischen Einstellung geht es darum, die zahlreichen und drängenden Herausforderungen unserer Mobilität auf der Basis von Fakten und frei von Ideologien anzupacken. Ich denke da insbesondere an unsere Infrastrukturen, die in nicht so langer Zeit den Bedürfnissen und Erwartungen von zehn Millionen Einwohnern genügen müssen. Wollen wir nicht Gefahr laufen, dass unsere Wirtschaft und unsere Mobilität zum Erliegen kommen, müssen wir sie weiterentwickeln.
Wohlverstanden, es sind nach dem Führungswechsel im Uvek weder Wunder noch Kehrtwenden zu erwarten. Es wirdeher ein gut schweizerischer Übergang, sprich Fortführung der Arbeiten, jedoch mit klar (anders) gesetzten Akzenten und Prioritäten. Ich hoffe, dass unser Bundesrat die künftige Mobilität auf der Basis der Komplementarität der Verkehrsmittel und mit einem ganzheitlichen Ansatz plant sowie nachden Kriterien von Wirksamkeit und Effizienz handeln wird. Die aktuellen technologischen Entwicklungen weisen den Weg: Die laufende Dekarbonisierung unserer individuellen Mobilität muss und wird das Paradigma ändern, das die politischen Entscheidungen der letzten zwanzig Jahre prägte. Die individuelle Mobilität wird leiser, sicherer und sauberer und damit weiterhin eine tragende Rolle in unserer (kombinierten) Mobilität spielen. Umso wichtiger ist es, die Mobilität der Zukunft ganzheitlich zu gestalten! «Gouverner, c’est prévoir» – in diesem Sinne wünsche ich Albert Rösti, dass er die vielen Herausforderungen in aller Ruhe angehen kann. Er wird auf unsere Unter stützung zählen können, wenn es darum geht, sozial gerechte, wirtschaftlich tragfähige und politisch akzeptable Lösungen zu finden.
Rettungsschirme für Energieunternehmen, aufgestockte Wasserkraftreserven, zusätzliche Gasspeicherkapazitäten und gar Fotovoltaik in den Alpen – alles im Schnellverfahren... Die Schweizer Energiepolitik läuft aktuell auf Hochtouren. Gleichzeitig werden die Bürgerinnen und Bürger mit Sparempfehlungen des Bundes auf den Winter vorbereitet. Im Gegensatz zur Weihnachtsbeleuchtung soll der Elektromobilität jedoch nicht in einer Kurzschlussreaktion der Stecker gezogen werden. Aus gutem Grund!
Die Elektromobilität leistet einen nicht vernachlässigbaren Beitrag an einen effizienteren Gesamtenergieverbrauch. Auch wenn die Verbrennungsmotoren immer effizienter werden, können sie mit dem Elektromotor nicht mithalten: Letzterer braucht im Schnitt dreimal weniger Energie! Und darüber hinaus reduzieren wir mit der Elektromobilität auch unsere Abhängigkeit von den fossilen Treibstoffen: Bereits die aktuell 100'000 Elektroautos auf den Schweizer Strassen erlauben es, jährlich rund hundert Millionen Liter fossile Treibstoffe zu sparen.
Dieser Trend darf nicht aufgehalten werden, und schon gar nicht mit Kassandrarufen, die behaupten, dass uns im Winter ein Strommangel droht und damit Elektroautos, gleichzeitig mit Saunen und Hallenbädern, der Stecker gezogen werden müsse. Der Anteil am Stromverbrauch der aktuellen E-Fahrzeugflotte am schweizerischen Gesamtstromverbrauch liegt bei weniger als einem halben Prozent. Dieser Anteil wird im kommenden Winter – wie auch in näherer Zukunft – nicht ins Gewicht fallen. Dies umso mehr, als dass ja Elektrofahrzeuge bekanntlich nicht alle gleichzeitig geladen werden müssen, sondern Letzteres mittels cleverer Ladeund Energiemanager präzise gesteuert werden kann. Mit anderen Worten können Elektrofahrzeuge dann Strom beziehen, wenn der allgemeine Verbrauch tief ist.
Und auch wenn das bidirektionale Laden – also die Benutzung des Fahrzeugs als Energiespeicher und lieferant für den Haushalt – zumindest in der Schweiz noch in den Kinderschuhen steckt, so scheint die Sache klar: Die Elektromobilität ist nicht Verursacher der Energiekrise, sondern Teil von deren Lösung!
Diesen Sommer haben unsere deutschen Nachbarn ein nicht alltägliches Experiment lanciert: das Neun-Euro-Monatsticket für den regionalen ÖV. Die deutsche Regierung lancierte diese Aktion im Rahmen des sogenannten «Entlastungspakets 2», das, zusammen mit einer Energiepauschale, einem Kinderbonus und einer temporären Absenkung der Energiesteuer auf Treibstoffe, die Bürger in einem Umfeld von steigenden Kosten für Energie, Lebensmittel und Mobilität entlasten soll.
Damit hat die deutsche Regierung das gemacht, was in der Schweiz teilweise lauthals, aber erfolglos gefordert wurde: eine finanzielle Unterstützung im Giesskannenprinzip gegen die steigenden Preise. Auch wenn es sicher noch zu früh ist, eine abschliessende Bilanz zu ziehen, so lohnt es sich, die Auswirkungen des Neun-Euro-Monatstickets ein bisschen näher anzuschauen. Schliesslich wird der «kostenlose» ÖV auch in der Schweiz periodisch– und gerade jetzt– von links-grünen Kreisen als Heilmittel für die Herausforderungen in Sachen Mobilität und Klima angepriesen. Man muss das Experiment als gescheitert betrachten: (Fast) «gratis» gibt es nichts, das Loch in der Höhe von Hunderten von Millionen, welches die Übung in die (deutsche) Bundeskasse gerissen hat, wird der Steuerzahler wieder begleichen müssen. Auch zur besseren Organisation der Mobilität hat das Ganze kaum geführt, im Gegenteil: Die Aktion hat wieder einmal illustriert, dass eine Kostenlosigkeit noch nie zu mehr Vernunft im Konsum von was auch immer geführt hat. Und die Erfahrung mit überfüllten Zügen und damit eingeschränktem Komfort und Abstrichen beim Service werden wohl viele von einem Umsteigen auf den ÖV abhalten.
In diesem Sinne: Wenn wir weiterhin, auch bei steigenden Kosten, mobil sein wollen, so führt der Weg nicht über «Gratisangebote» und andere Schlangenfängereien. Es ist falsch, blind den ÖV zu fördern. Schliesslich wird das Auto nicht nur immer ökologischer, sondern absorbiert über siebzig Prozent der Personenkilometer. Der ÖV mit seinem Anteil von knapp über zwanzig Prozent kann unsere Mobilität gar nicht alleine absorbieren. Vielmehr gilt es, die verschiedenen Mobilitätsträger sinnvoll und intelligent zu vernetzen und zu kombinieren. Wir haben in der Schweiz das Glück, ein kleines Gebiet mit einem (mehr oder weniger) leistungsfähigen Strassen- und Schienennetz erschlossen zu haben. Wir brauchen beide, nicht immer parallel, aber teilweise redundant und bestens vernetzt. Das hat seinen Preis, der nicht von der Allgemeinheit, sondern von den Benutzern getragen werden muss und kann. Da scheint es komplett falsch, den ÖV, der bereits heute einen Kostendeckungsgrad von weniger als fünfzig Prozent hat, noch weiter zu subventionieren. Lassen wir uns nicht von den Sirenen der Kostenlosigkeit verführen – letztere existiert nicht, alles hat seinen Preis.
Die Schlagzeile liess aufhorchen: «Die EU verbietet die Zulassung von Verbrennungsmotoren ab 2035.» Wie so oft nehmen es die Überschriften nicht so genau. Noch ist nichts entschieden. Ein Entscheid der Europäischen Union steht noch nicht, und es wird wohl eine Weile dauern, bis Einigkeit besteht. Und noch viel wichtiger: Der erwähnte Beschluss verfolgt nicht ein formelles Verbot von Verbrennungsmotoren, sondern eine faktisches Verbot über eine Reduktion der CO2-Emissionen auf null Gramm pro Kilometer.
Widersprüche bestehen, und einige Staaten sind bereits auf Distanz gegangen, ist der Entscheid doch mit weitreichenden Folgen verbunden. Vorab setzt er voraus, dass die Automobilindustrie dafür bereit ist und dass auch die Rahmenbedingungen – im Besonderen in Bezug auf die Ladeinfrastruktur – erfüllt sind. Diesbezüglich gilt festzuhalten, dass sicher eine grosse Anzahl Automobilhersteller klar den Weg der Elektro mobilität eingeschlagen haben und in mehr oder weniger naher Zukunft ihre Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungs motoren einstellen wollen. Gleichzeitig ist es aber auch eine Tatsache, dass bei weitem nicht alle Staaten der EU in der Lage sind, die für eine solche Transition notwendige Ladeinfrastruktur zeitgerecht sicherzustellen. Und schliesslich ist auch bei einigen Mitgliedsstaaten eine Zurückhaltung in Bezug auf ein Verbot – sei es nun formell oder de facto – zu spüren. Sie sehen darin eine Innova tionsbremse, etwa in Bezug auf alternative Treibstoffe. Dies bezüglich gilt es zu beachten, dass der Fahrzeugpark auch bei einem exponentiellen Zuwachs der E-Fahrzeuge noch für einige Zeit überwiegend verbrennungsmotorlastig sein wird. Forschung und Entwicklung im Bereich der alternativen Treibstoffe scheinen sinnvoll, nein, gar notwendig, um auch den bestehenden Fahrzeugpark sauberer werden zu lassen.
Auch wenn der Weg zu einer saubereren, individuellen Mobilität vorgegeben ist, darf dies nicht mit Verboten, welche kaum umgesetzt werden können und darüber hinaus auch noch die Innovation bremsen, geschehen. Es gilt vielmehr, mit klaren Zielen zu arbeiten und – ganz wichtig – die Rahmenbedingungen sicherzustellen. Nur so kann die ökologische Transition – mit welcher Technik auch immer – erfolgreich umgesetzt werden. Die Entscheide der EU werden formell nicht direkt auf die Schweiz anwendbar sein, de facto werden sie einen grossen Einfluss haben. In diesem Sinne verfolgen wir die Entwicklungen auf europäischer Ebene eng – zusammen mit unseren Partnerclubs und innerhalb der internationalen Verbände –, um unsere Mitglieder auch im Rahmen dieser Entwicklung zur Seite zu stehen. Aus meiner Sicht sollten wir zum jetzigen Zeitpunkt aber ganz einfach Ruhe bewahren: Der Verbrennungsmotor ist noch nicht reif für die Geschichtsbücher!
Bern reagiert auf die Angst vor Energieengpässen. Um die Stromproduktion zu erhöhen, wollen die Behörden das Verbandsbeschwerderecht reformieren, ohne es jedoch aufzuheben. In einer aktuell laufenden Konsultation schlägt der Bundesrat vor, die Behandlung von Beschwerden gegen Projekte von strategischer Bedeutung für die Energieversorgung zu beschleunigen. Angesichts der Dringlichkeit will die Politik nicht länger untätig zuschauen.
Unserer überlasteten Nationalstrassen-Infrastruktur wird leider nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt. An regelmässig grosszügig gesprochenen Mitteln mangelt es zwar nicht. Alle vier Jahre stellt das Parlament seine Investitionsbereitschaft unter Beweis, indem es das «Strategische Entwicklungsprogramm Nationalstrassen» (STEP) verabschiedet. 2019 wurden für den Ausbau des Nationalstrassennetzes (Grossprojekte, Kapazitätserweiterungen und Beseitigung von Engpässen) bis 2023 3.3 Milliarden Franken genehmigt. Und der Bundesrat hat soeben ein neues, ehrgeiziges STEP von 4.3 Milliarden für die Zeitspanne von 2024 bis 2027 in Vernehmlassung geschickt, mit einer Priorisierung der zurzeit am stärksten überlasteten Achsen, um den Verkehrsfluss auf dem gesamten Netz zu verbessern.
Mit anderen Worten: Der Strassenfonds ist finanziell fit, und die Bedürfnisse sind bekannt. Und trotzdem stehen wir heute auf den Strassen immer öfter und immer länger im Stau. Das Problem liegt darin, dass die Vorhaben bei der Umsetzung auf grosse Schwierigkeiten stossen. Sei es im Kanton Solothurn, Luzern oder Waadt: Derzeit sind zahlreiche wichtige Autobahnprojekte blockiert. Nur 589 Millionen Franken der für die Periode 2019 bis 2023 gesprochenen 3.3 Milliarden wurden bis Ende 2021 ausgegeben.
Wäre es angesichts der zunehmenden Blockaden nicht an der Zeit, mehr politische Energie in die Umsetzung anstelle der Finanzplanung zu stecken? Was bringt uns eine gesicherte Finanzierung, wenn die Projekte nicht umgesetzt werden können?
Das aktuelle Beispiel der Energiepolitik zeigt, dass auch Verbesserungen der Rechtsprozesse nötig sind, um Investitionen zu stärken. Hier gilt es anzupacken. Bürgereinsprachen oder die schwierige Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Kantonen und dem Bund dürfen nicht länger als Vorwand für Untätigkeit dienen. Wie viele Kilometer Stau müssen wir täglich dulden, bis unsere Behörden aktiv werden? Unsere Mobilität braucht ein gut geöltes Getriebe, welches Investitionshindernisse beseitigt.
Vor zehn Jahren wurde das Programm Via Sicura vom Parlament verabschiedet. Der TCS unterstützte die Stossrichtung und verschiedene Aspekte der neuen Gesetzgebung, im Besonderen auch die Definition von Rasern. Gleichzeitig wies der TCS auf heikle, gar stossende Elemente hin, etwa den im Vergleich zu anderen Taten unangemessenen, rigiden Strafenkatalog. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes begann eine veritable Stigmatisierung des Automobilisten: Polizisten wurden wegen Tempoüberschreitungen während Einsätzen verfolgt und Automobilisten bei der ersten Gesetzesverletzung zu Gefängnisstrafen verurteilt. Den Richtern wurde gar eine ihrer zentralen Kompetenzen genommen, der Ermessensspielraum.
Die Möglichkeit der Bestrafung braucht es auch im Strassenverkehr, das soll in keiner Weise in Abrede gestellt werden. Aber die Verkehrssicherheit kann (und muss!) auch mittels Verbesserung der Infrastruktur, Modernisierung der Fahrzeugflotte sowie durch
Ausbildung und Sensibilisierung vorangetrieben werden. Letzteres macht der TCS seit 1908 mit Überzeugung und Engagement. Die
Notwendigkeit, gewisse Aspekte zu korrigieren, wurde aber rasch offensichtlich. Verschiedene Anläufe waren notwendig, und das Parlament ist nun daran, das dritte Reformpaket von Via Sicura zu verabschieden. Unsere Rufe nach Vernunft, aber auch diejenigen einer überwältigenden Mehrheit von Juristen und Spezialisten, haben endlich ein positives Echo erhalten, das Parlament gibt einer angemessenen und vernünftigen Reform den letzten Schliff. Diese soll denjenigen, die für die Einhaltung des Gesetzes sorgen müssen, die notwendigen Mittel für ihre Arbeit zur Verfügung stellen. Indem man den Richterinnen und Richtern ihren Ermessenspielraum zurückgibt, können sie ihre Arbeit wieder richtig machen: harte Strafen aussprechen, wo diese angezeigt sind, ohne Hexenjagd auf die Unachtsamen. Mit der Abschaffung der Mindesthaftstrafe von einem Jahr und der Reduktion der Mindestdauer des Führerausweisentzugs von 24 auf zwölf Monate werden die Automobilisten endlich wieder wie alle anderen Bürger behandelt. Und auch die Fahrer von Blaulichtorganisationen und Berufsleute des Strassenverkehrs werden mit angemessenen, vom Richter bestimmten Strafen zur Rechenschaft gezogen.
Diese Reform wird nicht die letzte sein. Es gilt, laufend zu lernen und Missstände zu beheben. Der Automobilist ist nicht per se ein Krimineller, und eine überwältigende Mehrheit der Autofahrenden verhält sich korrekt und vernünftig. So müssen auch die Gesetze so ausgestaltet sein, dass eine strenge Bestrafung der verschwindend kleinen Minderheit, die uns gefährdet, möglich ist, ohne dass gleichzeitig diejenigen pauschal stigmatisiert werden, für die Mobilität mit Verkehrssicherheit einhergeht.
Auch wenn unsere Sorgen beim Tanken angesichts des Grauens des Krieges in der Ukraine wohl eher nebensächlich erscheinen, so sind sie nichtsdestotrotz legitim. Viele von uns sind auf das Auto angewiesen, und jede weitere Tankfüllung belastet heute das Haushaltsbudget in stärkerem Masse. Diese Tatsache hat denn auch die Politik bereits auf den Plan gerufen, und eine Reihe von parlamentarischen Interventionen und Ideen sind auf dem Tisch und verlangen Massnahmen vom Bundesrat. Dieser wird nicht darum herumkommen, sich der Sache anzunehmen.
Alte und neue Ideen sind auf dem Tisch. Ist es sinnvoll und richtig, von den Automobilisten die Mehrwertsteuer auch auf der Mineralölsteuer- und dem Mineralölsteuerzusatz zu verlangen. Eine Steuer auf der Steuer? Diese Frage ist sicher berechtigt und bedarf der Klärung, nicht nur mit Blick auf die heutigen Treibstoffpreise, sondern auch im Gesamtgebilde unserer Steuern und Abgaben. Soll ein Teil der staatlichen Ab gaben auf dem Treibstoffpreis – heute immerhin 76 Rappen pro Liter Benzin und 79 Rappen pro Liter Diesel, ohne Berücksichtigung der auf den Verkaufspreis erhobenen Mehrwertsteuer – temporär erlassen werden? Dies würde unbestrittenermassen die Haushalte entlasten, gleichzeitig aber auch den Strassenfonds und damit die Mittel für unsere zukünftige Mobilität schwächen. Oder ganz einfach weniger und langsamer fahren, um Treibstoff zu sparen? Hier wären wir wieder beim Ausgangspunkt: Viele von uns sind aufs Auto angewiesen und können ihr Verhalten nicht einfach auf Knopfdruck ändern.
Handlungsbedarf ist vorhanden, und es gibt sicher Wege, die Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass eine vollständige Kompensation der Treibstoffpreiserhöhung nicht möglich sein wird. Und es wird auch eine gewisse Zeit brauchen, die Treibstoffpreise – neben einigen anderen ebenso wichtigen Themen – wieder ins Lot zu bringen. Dabei gilt es, mit Bedacht vorzugehen. Unsere Demokratie lebt im Rhythmus der Institutionen und, auch wenn der Konsument schnelle Entscheide erhofft, weiss der Bürger, sich mit Geduld zu wappnen.
Sicherlich hat der Staat einen Einfluss auf die Treibstoffpreise, er kann diese aber nicht alleine bestimmen – auch der Markt spielt mit! Eine Korrektur ist daher einzig in kleinem Masse möglich. Hingegen kann der Staat im Hinblick auf die Zukunft agieren. Mit seinen Investitionen kann er die Dekarbonisierung unserer Mobilität beschleunigen, etwa mit der Entwicklung der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität, und damit unsere Abhängigkeit von den fossilen Treibstoffen brechen.
Die Multimodalität geht als Gewinnerin aus der Debatte um das Veloweggesetz hervor. Das ist eine gute Nachricht für unsere Mobilität überhaupt. Denn richtig umgesetzt wird das Gesetz die freie Wahl des Verkehrsmittels weiter stärken.
Vor zwei Jahren, ein Jahrhundert nach der Spanischen Grippe, standen wir alle fassungslos vor den weltweiten Auswirkungen
eines tödlichen Virus. Nun verschwindet Covid-19 in unserer schnelllebigen Welt genauso schnell wieder aus unserem bangen Blickfeld. Obschon das Virus weiterhin ein reales Gesundheitsproblem darstellt, wird es in den Hintergrund gedrängt. Aus der Pandemie wird (wieder) eine Epidemie, und wir finden in alte Lebensgewohnheiten zurück, im Besonderen auch was die Mobilität betrifft. Wir finden unsere Bewegungsfreude wieder, in Freizeit und Beruf.
In Bern drehen die politischen Mühlen auf Hochtouren, und mit dem Veloweggesetz, welches das Parlament soeben unter Dach und Fach gebracht hat, sorgen sie für positive Nachrichten. Nach dem klaren Auftrag des Volks (73.6 Prozent) und aller Kantone im September 2018 hat das Bundeshaus den Volkswillen umgesetzt. Referendumsdrohungen sind nicht auszumachen, und das ist gut so. Dank des neuen Gesetzestextes wird sich das Velo leichter in unsere Mobilität integrieren lassen, die damit noch vielfältiger wird und gestärkt aus der Übung hervorgeht.
Als 1896 von Velofahrern gegründeter Club hat sich auch der TCS an der Debatte beteiligt. Wir halten die freie Wahl des Verkehrsmittels seit Jahrzehnten hoch und legen Wert auf die Vielfältigkeit der Mobilität. Und zwar im positiven, multimodalen Sinne und keinesfalls als leeres Konzept oder gar Vorwand, um im Namen eines ModalsplitGebots das Auto aus unseren Städten, ja unserem Leben, verschwinden zu lassen. Mobilität ist ein Grundbedürfnis. Sie entwickelt sich meilenweit entfernt von den Vorstellungen jener, die ein Verkehrsmittel gegen ein anderes auszuspielen versuchen. Ich musste also schmunzeln, als ich las, dass einige im neuen Veloweggesetz primär die Möglichkeit sahen, «unsere Gewohnheiten zu ändern», «die Bürger umzuerziehen» oder «unser Gewissen wachzurütteln». Unglaublich! Was für hochtrabende Ambitionen! Verfolgt das Gesetz wirklich solche Ziele? Besitzt es eine nahezu ideelle Tragweite? Hat das Velo, so gesund und schön es auch sein mag, so hohe Ansprüche?
Wenn ich die Entstehung des Gesetzes betrachte, so stelle ich ganz einfach fest, dass mit ihm ganz andere Ziele verfolgt werden. Mit der Zustimmung zu einem Strassen- und einem Schienenfonds hat das Schweizer Volk seinen Wunsch nach einer qualitativ hochwertigen Infrastruktur zum Ausdruck gebracht. Und mit dem Veloweggesetz soll diese Infrastruktur auch für das Velo tauglich gemacht und unsere Mobilität bereichert werden. Ja, wir freuen uns, dass das Velo ein fester Bestandteil davon ist!
Die Gletscher retten! Dies steht auf den Fahnen geschrieben, die viele Balkone im Lande schmücken. Hinter diesen Bannern steht eine Volksinitiative mit einem sicher hehren Ziel, aber keinerlei stringentem Plan, geschweige denn einem Preisschild für die Erreichung dieses Ziels. Vorsicht ist geboten!
Die Idee ist gut gemeint und hat auch das Potenzial zur Mobilisierung: Die Klimaerwärmung bekämpfen, um unsere Gletscher zu retten – als Schweizer Stimmbürgerin und Stimmbürger kann man das wohl kaum schlecht finden. Und auch wenn die Sorgen um die Pandemie das Thema ein wenig in den Hintergrund geschoben haben, so bleibt es aktuell.
Trotzdem: Die Initiative ist nicht zielführend! Sie geht fälschlicherweise davon aus, dass unser Land alleine handeln kann, wo doch gerade das Pariser Abkommen auf die internationale Zusammenarbeit setzt. Und statt auf Anreize zu setzen, arbeitet der Text mit Verboten, die die Ablehnung geradezu provozieren. Und schliesslich ist der Initiativtext ganz einfach nicht umsetzbar, denn weder Wirtschaft noch Forschung und Entwicklung folgen ideologischen Prinzipien und Agenden.
Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament haben dies erkannt und suchen mit direkten und indirekten Gegenvorschlägen einen zielführenderen Weg, finden aber damit kaum Gehör. Gleichzeitig bläst Links-Grün zu einem weiteren Angriff und bringt noch eine weitere Verfassungsbestimmung auf den Tisch, dies, obwohl das Parlament noch gar nicht über den ersten beraten, geschweige denn entschieden hat. Vorzeitiger Wahlkampf auf dem Rücken des Klimas?
Die Realität wird uns bald einholen. Treibhausgase sind schädlich fürs Klima, und es gilt, Lösungen zu finden. Letztere sind aber weder von links noch von rechts noch aus der Mitte kommend. Vielmehr müssen sie den Ausdruck eines Kompromisses mit vielen Vätern und Müttern sein. Und dabei wird auch zu beachten sein: Die Mobilität ist nicht der Feind der Gletscher. Vielmehr gilt es, wie im neuen Entwurf zum CO2-Gesetz, die bereits laufende Ökologisierung der Mobilität auch politisch zu unterstützen. Mittel für Ladestationen zu Hause, am Arbeitsplatz und im öffentli chen Raum. Und auch im öffentlichen Verkehr und im Güterverkehr soll die Entwicklung der umweltfreundlichen Technologien unterstützt werden. CO2-arme Treibstoffe sollen gefördert werden, im Besonderen für den Luftverkehr, aber nicht nur.
Kurzum: Das CO2-Gesetz ist wieder auf gutem Weg, und hoffen wir doch, dass die eingeschlagene Richtung einbehalten wird: Anreize statt Verbot! Dies darf nicht durch vermeintlich gute Ideen wie die Gletscherinitiative wieder zunichte gemacht werden.