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06.01.2023

Kurze Aufstiege zu langen Abfahrten

Jetzt ist Freetouring angesagt, die Fusion aus Skitourengehen und Freeriden.
06. Januar 2023

Im Tiefschneerausch ob Andermatt und ein Besuch bei Nadine Wallner am Arlberg. Die 33-Jährige ist zweifache Weltmeisterin im Freeriden.

Bei Andermatt gibt es für Freetourer viele
abwechslungsreiche Abfahrtsrouten.

Über Nacht hat es in den Bergen Neuschnee gegeben, das Lawinenbulletin ist moderat, und die Meteorologen versprechen einen sonnigen Wintertag. Perfekte Verhältnisse für stiebende Pulverschneeabfahrten. Da gibt es bei vielen kein Halten mehr: die Freetouring-Ausrüstung einpacken und auf schnellstem Weg in ein geeignetes Wintersportgebiet. Andermatt im Kanton Uri bietet gute Möglichkeiten dafür. In wenigen Minuten geht es mit der ersten Bahn des Tages hinauf auf den 2962 Meter hohen Gemsstock. Es ist beissend kalt hier oben, die Schneekristalle glitzern in der Sonne. Nach einem ausführlichen Check der Sicherheitsausrüstung mit Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS), ABS-Rucksack mit Sonde und Lawinenschaufel, können die Skis angeschnallt werden.

Freetouring

Die steile Abfahrt hinunter zum Schwarzwasser verspricht Tiefschneevergnügen total. Während die Freerider Richtung Gafallensaum weiterfahren, montieren die Freetourer die Steigfelle, stellen Bindung und Schuhe in den Aufstiegsmodus. Der kurze Aufstieg in die Gafallenlücke ist schnell bewältigt. Die gleichmässig steilen Schneehänge Richtung Gitziälpetli und weiter zum Hinteren Loch sind schlicht traumhaft. An diesem Morgen sind die Hänge noch unverspurt, womit ein wahrer Tiefschneerausch einsetzt. Im freien Gelände seine eigene Spur in den Schnee zu zeichnen, ist wohl eines der höchsten Glücksgefühle abseits der gesicherten Pisten. Weit weg vom Rummel ist das Skierlebnis in der unberührten Bergwelt doppelt intensiv.
Wieder wird die Ausrüstung auf Aufstieg umgestellt. Ziel ist der 2950 Meter hohe Rotstock, der über die Guspislücke nach etwas mehr als einer Stunde erreicht wird. Belohnt werden die Freetourer mit einer grandiosen Aussicht auf die Berner Alpen bis weit ins Bündnerland. Vom Rotstock kann man in zwei Richtungen abfahren: entweder über die Vermigelhütte und durchs Unteralptal nach Andermatt oder Richtung Westen via Gamsboden nach Hospental.

Freetouring
Kurze Aufstiege ermöglichen grandiose und lange Abfahrten abseits des Pistenrummels.

Die 1500 Höhenmeter hinunter über Guspis nach Realp bieten Skigelände von der besten Sorte. Mehrere Male legt die Gruppe eine kurze Pause ein. Zeit zum Durchatmen und Betrachten der soeben in den Schnee gelegten Abfahrtsspuren. Bald einmal ist die verschneite Gotthardpassstrasse hinunter nach Realp erreicht. Mit dem Skibus geht es zurück zum Bahnhof Andermatt.
Der Tag ist dermassen genial, dass es eine Sünde wäre, Feierabend zu machen. An diesem kalten Wintertag bleibt der Schnee pulvrig und die Lawinensituation auf Stufe gering. So setzt sich die Gruppe in den Zug Richtung Oberalppass. Die 600 Höhenmeter Aufstieg zu den Seeplanggen lohnen sich angesichts der schönen Hänge, welche über 1100 Höhenmeter bis nach Andermatt führen.

Am Arlberg mit Nadine Wallner

Freetouring
Bergführerin Nadine Wallner kennt als Einheimische jede lohnende Tiefschneeabfahrt am Arlberg.

Nebst Andermatt gibt es einige gute Freetouring-Gebiete in der Schweiz. Eines der wohl schönsten und ergiebigsten in den Alpen liegt nicht weit von der Schweizer Grenze entfernt am Arlberg. Zwischen Stuben, St. Anton, Zürs, Lech und Warth bieten die Vorarlberger Berge unzählige Möglichkeiten für echtes Tiefschneeabenteuer. Eine, die seit Jahren hier im freien Gelände unterwegs ist, ist die zweifache Freeride-Weltmeisterin und Bergführerin Nadine Wallner aus Klösterle am Arlberg. Die 33 Jahre alte Profisportlerin stand bereits mit drei Jahren auf den Skiern und folgte zwei Jahre später ihrem Bruder in den Tiefschnee. Richtig mit der Materie vertraut gemacht hat sie ihr Vater, der ebenfalls Bergführer ist. So kam es, dass sie im Alter von sechs Jahren ein Freeride-Herausforderung schaffte. Sie meisterte die berüchtigte und steile Westabfahrt der 2811 Meter hohen Valluga.

Planen und auch verzichten

Der Arlberg sei von der Geländestruktur fürs Freeriden und Freetouring gut geeignet, erklärt sie die Beliebtheit der Region. «Kurze Aufstiege wie den von der Albona-II-Bergstation auf die Maroiköpfe und lange Abfahrten vom Gipfel 1300 Höhenmeter hinunter ins Verwalltal machen den Reiz des Freetourings aus», erlärt Wallner. Obschon es auch steile Couloirabfahrten gäbe, sei aber das Gelände hier meist gut zu meistern, übersichtlich und wenig exponiert. Zudem sei die Region relativ schneesicher – Zürs liegt auf 1717 Metern über Meer. Eine Lieblingsabfahrt habe sie eigentlich keine. Sie versuche, immer dort Ski zu fahren, wo die Verhältnisse für sie stimmen würden. Dabei suche sie nach Geländekammern, wo sie schnelle Kurven und auch Sprünge vollführen könne. «Beim Freeriden gibt es keine Vorschriften, jeder hat die Freiheit, zu entscheiden, was richtig oder falsch ist», so Wallner. Natürlich gibt es beim Freetouring ein Restrisiko, das weiss sie als Bergführerin zu genau. Nebst einer guten körperlichen Verfassung und gutem Fahrniveau müssten sich Freetourer mit den alpinen Gefahren wie Lawinen auskennen. Beim Freetouring suche man ja die unverspurten Hänge, daher sei viel Erfahrung ein Muss. Eine seriöse Planung der Route mit Einbezug aller Faktoren sei zwingend. Aus eigener Erfahrung weiss Nadine Wallner, dass eine gute Entscheidung auch der Verzicht sein könne. Klar ist, für Anfänger und Unerfahrene ist Freetouring nicht die richtige Wahl.

Freetouring Arlberg: 200 Kilometer Tiefschneeabfahrten. Gebietsinfos und Skiguides: lechzuers.com; Übernachten: edelweiss-arlberg.at, DZ mit Frühstück ab 165 Euro.

Ausrüstung Freetouring
Im Unterschied zu der klassischen Tourenausrüstung ist beim Freetouring die Ausrüstung abfahrtsorientiert.
Das Gewicht spielt weniger eine Rolle, und die Skis sind eher breiter.
Skis: Freeride- oder Tourenskis ab 95 Millimetern Mittelskibreite wie Movement GO 98 (Breiten bei 178 Zentimetern Länge: 126/98/114 Millimeter).
Bindung: robuste Tourenbindung wie ATK C-Raider 12.
Schuhe: Tourenschuhe mit guten ­Abfahrtseigenschaften wie Atomic HAWX Ultra XTD 130 CT GW.
Bekleidung: Schichtsystem mit Hardshell-Hosen- und -Jacke, Softshell- oder leichte Daunenjacke, Handschuhe und Helm.
Sicherheitsausrüstung: ABS-Rucksack, LVS, Sonde, Schaufel und Apotheke.

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