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28.01.2025

Tanken kann man natürlich auch

Dank günstiger Öffnungszeiten und Lagen: Shops an Tankstellen werden zu Cashcows, in denen immer mehr Kunden einkaufen, auch ohne zu tanken.

Deshalb ändern Shop­betreiber ihre Konzepte gerade stark. Ebenfalls
im Wandel: die Gastronomie an Tankstellen.

Soll es ein Curry sein, Chickenwings oder doch lieber ein veganes Zmittag? In den Avec-Shops an den BP-Tankstellen in Horgen (ZH) und Bad Bubendorf (BL) haben Hungrige seit Kurzem die Qual der Wahl. Was sie aussuchen, wird dort in der offenen Küche frisch zubereitet. Künftig ­können Eilige, so, wie es in den USA schon längst üblich ist, auch über die App Essen vorbestellen, im Avec an der Tankstelle abholen und so wertvolle Zeit sparen. Mit dem neuen Konzept «The Kitchen by avec» reagiert das Handelsunternehmen Valora, das hinter den 177 Avec-Shops an Tankstellen in der Schweiz steht, auf den zunehmenden Wunsch der Kundschaft nach frischem Food to go. Und wenn es gesund ist, umso besser. Dem entsprechen auch der Bakery Tower mit ­tagesfrischen Backwaren aller Art und der Nut Tower mit gesunden Nusssnacks der Eigenmarke «ok.–» in den Avec-Läden.

Mehr Shops, andere Dinge als früher

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Ansprechendes Ambiete Die neue Marché-Cafébar an der Raststätte Deitingen-Süd (SO).

Tankstellen liegen in der Regel verkehrsgünstig, und ihre Öffnungszeiten sind äusserst kundenfreundlich. Das führt dazu, dass in ihren Shops immer mehr Menschen immer häufiger einkaufen, auch ohne zu tanken. Längst wird an zahlreichen Tankstellen mit den Shops mehr Geld verdient als mit dem Verkauf von Treibstoff. Nach Auskunft von Valora ist für rund siebzig Prozent der Kundinnen und Kunden allein das breite Convenience-Angebot, gefragte Alltagsartikel auf kleiner Fläche, der Grund, weshalb sie sich in einem Avec-Shop mit Waren eindecken.
Auf die Frage, wie sich Tankstellen künftig wohl verändern werden, sagt Fabian Bilger von Avenergy Suisse: «Sie werden in den nächsten Jahren nicht gross anders aussehen als heute.» Die Prognosen von Zukunftsforschern, nach denen Tankstellen je nach Lage bald zum Umsteigeort auf verschiedenste Verkehrsmittel und Lande­platz von Taxidrohen bis hin zum Ort mit wichtiger sozialer Funktion werden, sieht er noch eher skeptisch. «Wo es aber grosse Veränderungen gibt, ist bei den Shops. Jedes Jahr nimmt ihre Anzahl zu», so der stellvertretende Geschäftsführer beim Wirtschaftsverband, der die Interessen der Importeure von Brenn- und Treibstoffen in der Schweiz vertritt. «Die Leute schätzen diese Einkaufsmöglichkeiten. Der Trend im Angebot geht hin zu Frische, gesunden Waren und zu regionalen Produkten», lautet sein Fazit. Und wer da einiges bietet, macht Kasse. Das unterstreicht eine 2024 veröffentlichte Umfrage von Shell Recharge, Anbieterin von Ladelösungen: Fahrerinnen und Fahrer von Elektro- und Hybridfahrzeugen in Europa, Nordamerika und China würden eine längere Strecke in Kauf nehmen, um ihr Auto zu laden, wenn es am Zielort schnellere Lademöglichkeiten und eben auch gute Einkaufsmöglichkeiten sowie Restaurants gibt.

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Standort entscheidet übers Angebot

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Knuspriges Brot gibt’s jetzt den ganzen Tag über im Avec-Shop der BP-Tankstelle in Horgen (ZH). Auch Essen wird dort in einer offenen Küche frisch zubereitet.

«Treibstoff ist für uns nach wie vor massgebend, aber an einem Standort mit hoher Frequenz ist der Shop sehr wichtig», sagt auch Patrick Staubli von Avia. Mit über 500 Stationen ist die Genos­sen­schaft die grösste Markentankstellen-Betreiberin der Schweiz. Von den 110 Shops werden achtzig von Spar betrieben. Mittlerweile sind manche der Spar-express-Shops so gut sortiert und auch vom Ambiente derart schick, dass man sich wünscht, der lokale Lebensmittelladen um die Ecke würde auch so aussehen.
«Die Entwicklung ist enorm. Früher kamen die Leute in unsere Shops, um noch schnell etwas zu besorgen, das gefehlt hat. Heute decken sie sich dort oft mit dem ganzen Tagesbedarf ein», sagt Patrick Staubli. Dem Trend nach Frischprodukten werde ebenfalls nachgegeben, indem Avia unter anderem an vier Tankstellen um Zü­rich mit der Niederglatter Bäckerei-Conditorei Fleischli zusammenarbeitet, ein weiterer Erfolg. Dennoch ist der Avia-Geschäftsführer überzeugt, dass es weiterhin auch zahlreiche Selbstbedienungs-Tankstellen ohne Drumherum geben wird, denn: «Entweder wollen die Leute eine Tankstelle mit viel Angebot oder nur möglichst schnell tanken und wieder wegfahren.» Fabian Bilger von Avenergy beobachtet: «Es ist sehr vom Standort abhängig, ob man länger an einer Tankstelle bleibt. Wer unterwegs ist und eine Pause macht, verweilt in einer angenehmen Atmosphäre sicher länger. An einer Tankstelle im Dorf, wo die meisten nicht weit entfernt wohnen, wird nur getankt oder geladen.»

Ladezeit will sinnvoll genutzt werden

Laut Avenergy waren Stand 1. Januar 2024 fünf Prozent der über 3300 Tankstellen in der Schweiz mit Schnellladestationen ausgestattet. Noch müssen Fahrerinnen und Fahrer von ­Elek­tro­autos meist länger warten, bis ihr Fahrzeug wieder genug Strom intus hat, als Auto­mobilisten, die ihre Verbrenner tanken. Auch das ist ein Treiber dafür, dass sich die Konzepte von Tankstellenshops, aber auch der Gastronomie dort ­gerade stark verändern. «Es werden noch an ­vielen Orten Schnellladesäulen benötigt,
laut der Studie ‹Verständnis Ladeinfrastruktur› allein bis 2035 zwischen 3000 und 6000. Als Tankstellenbetreiberin mit Shop lohnt es sich auf ­jeden Fall, den Aufbau einer Schnelllademöglichkeit zu prüfen», sagt Luc Tschumper vom Ver­band Swiss eMobility. Bei Migrolino hat man
das begriffen und setzt zusätzlich neuerdings auch auf Gastronomie. Die AG, die mit Partnern 314 Tankstel­lenshops in der Schweiz führt, betreibt seit März 2024 in Spreitenbach zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft Migrol einen ­Pilotstandort mit Ladestationen, einem Shop mit über 2000 Artikeln und kleinem Vapiano-Restaurant. Mit dem neuen Konzept sollen ­gezielt auch Kunden angesprochen werden, die einen längeren Aufenthalt anstreben, um ihr Elektroauto zu laden, indem man ihnen einen ­attraktiven Wohlfühlort anbietet.

Italien ist der Schweiz voraus

Gute Pasta kommt bei Kunden an.
Im Migrolino an der Tankstelle in
Spreitenbach gibt es eine Vapiano-Filiale.

Darum bemüht man sich auch bei der Marché Restaurants Schweiz AG, die als Gastronomiepartnerin an achtzehn Schweizer Autobahn­raststätten tätig ist und sowohl für ihr qualitativ hochwertiges Speisenangebot wie auch ein bereits recht ansprechendes Ambiente bekannt ist. An der Raststätte Deitingen-Süd (SO) mit dem berühmten zweiflügligen weissen Betondach wurde Cindy’s Diner durch einen Burger King der neuesten Generation und eine Marché-Cafébar mit ansprechendem modernem Interieur ersetzt. Beide Lokale öffneten im März. Auf der Auto­bahn unterwegs, können sich Gäste jetzt im hübsch gestalteten Loungebereich der Marché-Cafébar eine Pause mit Fair-Trade-Kaffeespezialitäten und laufend frisch gemachten Snacks gönnen. «Die Anforderungen unserer Gäste haben sich in den letzten Jahren stark erweitert», sagt Marché-Marketingmanagerin Aline Hug. Qualität, lokale Produkte, schnelle und freundliche Bedienung sowie saubere Sanitäranlagen gelten heute als selbstverständlich. Der Goldstandard diesbezüglich dürfte aktuell aber Italien sein, wo der abruzzische Drei-Sterne-Koch Niko Romito fünf Raststätten an Autobahnen betreibt.
Dass es auch kleineren Unternehmen möglich ist, etwas Ansprechendes neben Benzin-, Diesel- und Stromzapfstellen aufzuziehen, beweist das Aargauer Mineralöl- und Tankstellenunternehmen Voegtlin-Meyer AG. 2023 wurde anlässlich eines Firmenjubiläums am Südrand von Brugg eine architektonisch bemerkenswerte Tankstelle im Retrostil eröffnet, wo früher eine kleine firmeninterne Betriebstankstelle stand. Damit einher ging die Errichtung eines Restaurants, dem Cholehof. Der Name ist eine Hommage an den ersten Voegtlin-Meyer-Firmensitz Kohlenhof in Windisch. Hungrige betreten das Lokal durch den kleinen Tankstellenshop. Der Gastraum mit dem schwarz-weissen Boden, den neuen Möbeln im gepflegten Diner-Stil und der alten roten Zapfsäule einer Voegtlin-Meyer-Tankstelle ist gemütlich. Mittags kommen Camionchauffeure, die auch an der Station tanken können, und Leute aus den umliegenden Firmen. Abends stammen die Gäste meist aus Brugg, die sich einen der wirklich feinen Burger gönnen, die ein Koch am Holzkohlengrill ständig frisch zubereitet. Getränke werden aus dem Kühlregal genommen, und auch im Restaurant zum günstigen Mitnahmepreis verrechnet. Und was kommt nach den bestens ausgestatteten Shops und den zunehmenden Gastronomiebereichen? «Ein Megatrend sind automatisierte Tankstellenshops mit 24-Stunden-Angebot. In Asien ist das bereits selbstverständlich. Da hat die Schweiz noch Entwicklungspotenzial», glaubt Fabian Bilger von Avenergy.

Schönheiten mit Zapfsäule

Meist muten Tankstellen uniform an, doch es gibt auch Architekturikonen unter ihnen. Die Überdachungspielt dabei immer eine tragende Rolle. Acht Beispiele von der Schweiz bis Afrika.

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Dänemark

Bereits 1936 von Arne Jacobsen für Texaco entworfen, wirkt die Tankstelle im dänischen Küstenort Skovshoved auch heute noch sehr modern. Der viereckige eingeschossige Bau und das runde Dach auf einer Säule beeinflussten lange Zeit die Architektur von Tankstellen in der ganzen Welt.

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Deutschland

Dieses Schmuckstück von 1953 steht in Hamburg. In der einstigen Grosstankstelle Brandshof werden heute Oldtimer auf ihre Strassentauglichkeit überprüft.

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Eritrea

Kolonialerbe in Eritrea: 1938 von einem italienischen Architekten im Stil des Futurismus erbaut, wurde die Fiat-Tagliero-Tankstelle Teil des Unesco-Welterbes Asmara.

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Schweiz

Kultige Schalenbauweise von Heinz Isler an der Auto­bahnraststätte Deitingen-Süd (SO). Bei der Eröffnung 1968 gab es dort ein schickes Silberkugel-Restaurant.

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Spanien

Wie Vögel und Wolken sollen die Überdachungen aus der Ferne wirken. Das Architekturbüro Moneo Brock ging 2007 diese Station bei Madrid spielerisch an.

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Grossbritanien

Dächer wie Pilze: Die Red Hill Filling Station bei Leices­ter (UK) steht für die Pegasus-Architektur von US-Designer Eliot Noyes, die in den 1960ern innovativ war.

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Slowakei

Retroglamour: Die Planer vom Büro Atelier SAD liessen sich von der Vergangenheit zur Tankstelle in Matúškovo, Slowakei, inspirieren. Sie eröffnete 2011.

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Vereinigte Staaten

Mid-Century-Ikone: Für den Los Angeles International Airport geplant, wurde das Gebäude von Gin Wong 1965 dann zu einer Union-76-Tankstelle in Beverly Hills.

Text Juliane Lutz
Fotos Emanuel Freudiger

Tanken bitte!

In Brasilien, Chile, Mexiko, Marok­ko oder Thailand sind Tankwarte noch selbstverständlich. Auch in Griechenland, Spanien und Polen lässt man sich das Auto häufig noch gern betanken. In der Schweiz gibt es diese Dienstleistung immerhin noch an fünf Tankstellen. Eine betreibt Frieda Stern in Gurtnellen (UR). «Auf Wunsch fülle ich gern den Tank», sagt die Neunzigjährige, die seit 54 Jahren im Job ist. ­Autoscheiben putzen, so wie früher, müsse sie nicht mehr. Das würden die meisten Autofahrer selbst machen, oder die Wagen seien bereits blitzblank, wenn sie vorfahren. Nur Töfffahrern reiche sie noch Wasser, damit diese Helmvisiere und Scheinwerfer reinigen können.
So, wie der Service der Tankbefüllung ausser Mode gekommen ist, spricht in der Schweiz auch niemand mehr von Tankwarten. Mitarbeitende in diesem Bereich sind entweder für den Shop verantwortlich, wo sie abkassieren, den Kontakt zur Kundschaft pflegen sowie grob für Ordnung an der Tankstelle sorgen. Oder sie sind als Mitarbeiter im technischen Unterhalt für die Anlagentechnik zuständig. «Und schauen, dass die Zapfsäulen betriebsfähig sind und reinigen sie», sagt Ueli Wintsch von Agrola, die rund 400 Tankstellen im ländlichen Raum betreibt. Zu den weiteren Aufgaben gehört es, die Anlage zu pflegen, Verbrauchsartikel nachzufüllen und sicherzustellen, dass Geräte wie Tanksäulen oder Staubsauger funktionieren. Bis auf den Shop sind sie für die ganze Tankstelle zuständig, angefangen beim Licht bis hin zum Erkennen von Störgeräuschen. Eine Lehre dafür gibt es in der Schweiz nicht. «Wir suchen technisch versierte Leute mit abgeschlossener Berufsausbildung, die wir dann für den Job schulen», so Wintsch.

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