Günstig ist nicht billig
Der Tipo zeigt, dass ein Preisschlager nicht zwingend Billigware sein muss: Sein Design ist eher zurückhaltend, aber zu den fliessenden Linien gesellen sich ein stylischer Kühlergrill und ein raffiniertes Heck. Ähnlich geht es im Innenraum weiter: Das Armaturenbrett ist funktionell und übersichtlich gestaltet und die verwendeten Materialien wirken ordentlich. Zu viel sollte man aber nicht erwarten. So bestehen die Türverkleidungen aus billigem Hartplastik, wie man sie noch in einigen japanischen Autos findet. Dafür erweisen sich die Ausstattung und das Infotainmentsystem mit Tomtom-Navi als äusserst praktisch
Geräumiger Kompakter
Die 4.37 m Länge des Kompakten werden voll ausgeschöpft: Die hintere Sitzreihe ist leicht zugänglich und bietet viel Beinraum. Die Plätze sind aber eng bemessen und die Rücklehnen sind sehr aufrecht. Trotzdem ist der Komfort angemessen, bis auf den mittleren harten und engen Sitz. Die Vordersitze aus Leder (Option) bieten zwar wenig Seitenhalt, sind aber sehr bequem. Wie bei dem Schleuderpreis nicht anders zu erwarten, gibt sich der Tipo mit einer Verbundlenkerachse zufrieden. Das kommt aber dem Kofferraum zugute, der mit 440 l praktisch alle Klassen-Konkurrenten
hinter sich lässt. Trotz der hohen Ladekante lässt sich der rechteckige Kofferraum problemlos beladen und die Auskleidung ist hochwertig. Es ist nur schade, dass sich die Rücksitzbank nicht vollständig umklappen lässt, damit ein ebener Ladeboden entsteht.
Gute Strassenlage
Obwohl der Tipo nicht als Sportler erdacht wurde, liegt er gut auf der Strasse und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Auch bei viel Tempo zeigt er sich stabil und unerschütterlich und notfalls greift das ESP sanft ein. Doch die Freude am Fahrwerk wird arg gebremst: Die Vorderachse des Tipo ist wenig fahraktiv und die Lenkung gibt kaum Rückmeldung. Schade, denn die reaktive und starke Bremsanlage hätte Potenzial. Der Fiat Tipo will ein Familienauto sein. Und diese Rolle erfüllt er mit grosser Zufriedenheit. Sowohl die Geräuschedämmung wie auch der Abrollkomfort sind auf dem neusten Stand. Die Leistung des 1.4-l-Turbobenziners mit 120 PS reicht problemlos für den täglichen Gebrauch und das 6-Gang-Getriebe ist einfach zu handhaben. Sportliche Ambitionen hat der Tipo keine. Das zeigt auch das schleppende Ansprechverhalten des Gaspedals. Er ist wirklich durch und durch ein Familienauto, das es auch als 4.57 m lange Kombi-Version gibt. Und das Geräusch beim Zuschlagen der Türen gibt dem Familienoberhaupt ein gutes Gefühl, denn low-cost tönt anders. Der Preisschlager ist definitiv keine Billigware.
Text: Marc-Olivier Herren
Bilder: Emanuel Freudiger
Karosserie
Der Tipo sieht ansprechend aus. Er ist geräumig und hat für die Kompaktklasse einen rekordverdächtig grossen Kofferraum. Leider erschwert eine Ladekante den Zugang und bei umgeklappten Rücksitzen ist die Ladefläche uneben. A- und B-Säule beeinträchtigen die Sicht.
Innenraum
Der Innenraum ist schön gestaltet, obwohl zum Teil billige Materialien eingesetzt wurden. Alles in allem ist die Verarbeitung aber anständig. Die Armaturen sind übersichtlich und das Infotainmentsystem ist einfach zu bedienen.
Komfort
Das Geräuscheniveau auf der Autobahn ist moderat und die Dämpfung filtert Unebenheiten trotz Niederschnittreifen aus. Die optionalen Ledersitze sind komfortabel, geben aber nur wenig Seitenhalt.
Der Preis ist sein Trumpf: Der Benziner mit 120 PS startet bei CHF 19'970.- und bietet bereits eine Klimaanlage. Die Variante Lounge ist sehr gut ausgestattet (7-Zoll Touchscreen, Zweizonen-Klimaanlage, Tempomat und Alufelgen). Auch die Optionen sind günstig, nur gibt es wenige.
Fahreigenschaften
Obwohl wenig ausgeklügelt (MacPherson-Vorderachse), liegt das Fahrwerk gut auf der Strasse und erträgt auch eine sportlichere Fahrweise. Die gefühllose synthetische Lenkung trübt leider den Fahrspass.
Sicherheit
Sicheres Fahrverhalten, starke Bremsen und ein Notbremsassistent: Der Tipo bekommt bezüglich Sicherheit gute Noten.
Motor und Antrieb
Mit Turbobenziner und 120 PS sprintet der Tipo in 10.5 s von 0 auf 100 km/h. Er leistet ausreichend Durchzug, hat aber eine schleppende Gasannahme. Das Getriebe ist gut abgestimmt und die Schaltung leichtgängig und präzise.
Verbrauch
Die 6.5 l/100 km auf dem Prüfstand sind alles andere als spektakulär für ein 1385 kg schweres Auto. Im Praxisverbrauch sind bei defensiver Fahrweise 7 l möglich.