Der Strassenverkehr gilt als eine der ärgsten Quellen für Lärmbelästigung, unter der viele Menschen leiden. Im Zuge der Klimaerwärmung nehmen hitzebedingte Gesundheitsbelastungen zu, und gerade asphaltierte Flächen erweisen sich als problematisch. Ein Strassenbelag könnte diese Probleme lösen.
Die Suche hat begonnen, und vielleicht sind sie ja in vielen Kiesgruben in der Schweiz zu finden: helle Steinchen, die sich gut mit Bitumen verbinden und, in die Deckschicht eingearbeitet, Schall schlucken, aber Asphaltstrassen auch weniger erhitzen als bisher. Dass das künstlich aufbereitete Granulat namens Granusil diese wichtigen Eigenschaften besitzt, fanden der Akustiker Erik Bühlmann und weitere Forscher sowie Strassenbauer heraus. Sie untersuchten in einem vom Bund sowie von den Kantonen Bern und Wallis unterstützten Projekt zwanzig verschiedene Strassenbeläge auf schalldämmende und kühlende Eigenschaften. Strassen in Bern und Sitten wurden mit weissen hellen Steinchen sozusagen gepudert oder dunkler Asphalt beispielsweise hell gestrichen. Während sich auf die Deckschicht gestreuter heller Kies nicht bewährte – die Steine hafteten zu wenig gut und lösten sich ab –, überzeugte das in die Deckschicht eingearbeitete Granulat. Es blieb dauerhaft weiss, obwohl unzählige schwarze Pneus darüber rollten, und erhält lange die für die Sicherheit notwendige Griffigkeit, wird also nicht von den Fahrzeugen abgeschliffen. Der einzige Nachteil ist noch, dass die Steinchen über Hunderte von Kilometern aus Frankreich hergekarrt werden müssen. «Die Klimaziele in der Schweiz sind gesteckt. Da ist es wichtig, die Transportwege möglichst kurz zu halten», sagt Bühlmann, der beim Ingenieurunternehmen Grolimund + Partner AG den Bereich Forschung und Entwicklung leitet.
Durch das Zusammenspiel von einer feinen Oberflächentextur von rund vier Millimetern und winzigen Hohlräumen wird der Schall zu Beginn um sechs Dezibel gedämmt. Wenn dann mit der Zeit die Poren des Belags verstopfen, sind noch drei Dezibel gewährleistet. Das entspricht der Halbierung des Verkehrs. Untersuchungen ergaben, dass Menschen bei diesem Wert besser schlafen können. Lärm ist in der dicht besiedelten Schweiz mit den vielen Strassen ein grosses Problem. Nach Angaben des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) ist hierzulande jede siebte Person dauerhaft Lärm ausgesetzt, und pro Jahr kommt es zu rund 500 Todesfällen aufgrund zu hoher Lärmbelästigung. Seit 1987 sind der Bund, die Kantone und Gemeinden zur Lärmsanierung ihrer Strassen verpflichtet. So werden beim Bau oder der Sanierung von Nationalstrassen seit Längerem standardmässig schallschluckende Beläge verbaut. Doch obwohl die öffentliche Hand Milliarden für Gegenmassnahmen ausgegeben hat und seit 2008 die Erforschung lärmarmer Beläge stark zugenommen hat, leiden laut Informationen des Bafu noch immer rund eine Million Menschen dort, wo sie wohnen, unter schädlichen oder lästigen Lärmemissionen.
Ein Nachteil von schallschluckenden Strassenbelägen ist bislang ihre um die Hälfte kürzere Lebensdauer im Vergleich zu konventionellen Belägen. Wie schnell sie altern, hängt von der Rezeptur, der Qualität des Einbaus und Strassenbaus, vom Klima, von der Höhenlage, Verkehrsintensität und vom Grad der Verschmutzung ab. «Die von uns mit Erfolg getestete Deckschicht hat ganz feine Hohlräume. Meist dringt Schmutz erst gar nicht ein. Und ist das doch einmal der Fall, verschwindet ein Grossteil davon wieder, wenn Wasser mit Hochdruck auf diesen Belag gespritzt und hinten wieder abgesaugt wird», beobachtet Erik Bühlmann.
Und wie sehen die Kosten für diesen kühlen und zugleich lärmarmen Belag aus, an dem alle Gemeinden stark interessiert sein müssten? Sie sind zusammen mit den Kantonen dafür zuständig, Massnahmen gegen Lärm möglichst dort, wo er entsteht, umzusetzen. «Da wir bisher mit Gestein aus Frankreich gearbeitet haben, ist er derzeit zwischen zehn und zwanzig Prozent teurer als herkömmlicher Belag. Wenn wir jedoch Kies aus der Schweiz zur Verfügung haben und grössere Mengen des Granulats hergestellt werden, sinkt der Preis», sagt Erik Bühlmann. Ausserdem müsse man noch bedenken, dass der neue Belag teure Schallschutzwände und -fenster überflüssig mache und durch geringere Lärmbelastung dazu beitrage, die Gesundheitskosten zu senken.
Die Wiederverwendung von altem Asphalt ist billiger und umweltfreundlicher als die Herstellung von neuem. Ganze Deponien warten nur darauf, abgetragen zu werden. Was das vermehrte Recycling verhindert, sagt Empa-Forscher Martins Zaumanis.
Pro Jahr landen in der Schweiz um die 750 000 Tonnen an ausgebautem Asphalt auf Deponien. Wie kann man diese Berge abbauen?
Martins Zaumanis: Hierzulande wird schon viel Asphalt wiederverwendet. Im Vergleich mit anderen Ländern schneidet die Schweiz da gut ab. Das Problem ist, dass das Strassennetz im Grossen und Ganzen steht und so gut wie keine Strassen mehr neu asphaltiert werden. Wir können diese Deponien nur abtragen, wenn wir noch mehr Ausbauasphalt als bisher für die Sanierung bereits bestehender Strassen und ihre Instandhaltung nutzen.
Heute dürfen bereits hundert Prozent Recyclingasphalt in Fundationsschichten, achtzig Prozent in Tragschichten und
vierzig Prozent in Deckschichten eingebaut werden. Warum bleibt dennoch so viel alter Asphalt übrig?
Theoretisch ist es sogar möglich, Ausbauasphalt zu hundert Prozent zu recyceln, doch praktisch ist es oft besser, wenn weniger in neuen Mischrezepten enthalten ist. Mittlerweile können viele Hersteller in der Schweiz grosse Mengen an Ausbauasphalt wiederverwenden. Doch dafür sind neue Testmethoden nötig, und an denen fehlt es. Noch heute wird mit der vor über hundert Jahren entwickelten Nadelpenetration als Prüfmethode im Asphaltbereich gearbeitet. Solche einfachen Methoden reichen aus, wenn nur wenig alter Asphalt neu gemischt wird, bei grösseren Mengen aber nicht.
Wie weit ist die Forschung bei der Entwicklung dieser Methoden?
Es gibt leistungsbasierte Prüfmethoden, von denen ich viel halte. Anstelle wie bislang die einzelnen Materialien, also Gestein und Bindemittel des Ausbauasphalts sowie das neue Gestein und das neue Bindemittel separat zu untersuchen, erlauben sie es, das gesamte neue Mischgut auf Risse oder ausreichend Spurrinnenfestigkeit hin zu testen. So wird der Wheel-Tracking-Test bei Asphalt für sehr stark frequentierte Strassen eingesetzt und zeigt, ob sich Spurrillen bilden. Leider gibt es in der Schweiz aber keine routinemässigen Rissprüfungen für die am häufigsten verwendeten Asphaltarten. Diese müssen entwickelt werden. Eine andere wichtige Frage ist auch, wie wir Bitumen wieder weich machen, sodass der Asphalt erneut verwendet werden kann. Solange nur wenig Ausbauasphalt genutzt wurde, haben sich viele Fragen nicht gestellt. Es fehlt an Lösungen auf allen Stufen des Recyclings von Ausbauasphalt, angefangen beim Fräsprozess.
Können Sie konkreter werden?
Wir müssen uns fragen, ob wir diesen Prozess schon so gut wie möglich erledigen. In den Niederlanden etwa werden oft die Asphaltdeckschichten von anderen Schichten getrennt und separat gelagert. Auch Materialien aus speziellen Asphaltschichten wie offenporigen Asphalt werden häufig für sich aufbewahrt. In der Schweiz haben wir schlicht den Platz nicht dazu. Wenn wir Asphalt von den Strassen abfräsen, müssen wir auch wissen, wie alt er ist und was alles darin enthalten ist. Meiner Meinung nach ist eines der grössten Probleme beim Recyclingprozess, dass wir keine technologische Lösung haben, Ausbauasphalt schnell zu prüfen, um seine bestmögliche Verwendung zu bestimmen.
Sicher arbeiten Sie daran?
Das ist ein Ziel, das ich mir gesteckt habe, aber noch müssen die Asphalthersteller Gestein und Bindemittel meist mühselig extrahieren, um alten Asphalt prüfen zu können.
Eignet sich Ausbauasphalt eigentlich für alle Schichten gleichermassen gut?
Für die Deckschicht – sie muss von Topqualität, griffig und je nach Lage lärmarm sein – wird er am wenigsten verwendet. Aber das könnte anders sein. Da die oberste Asphaltschicht sehr stark belastet wird, werden dafür nur beste Materialien verwendet. Man greift häufig zu Polymerbitumen (industriell hergestellter Bitumen mit Kunststoffen, Anm. der Red.). Meist sind ungefähr drei Prozent davon in neuem Mischgut enthalten. Da der Bitumen in Ausbauasphalt meist nicht mit Polymeren modifiziert wurde, wird er nicht für die Deckschicht benutzt. Forscherkollegen von der Empa und ich haben in einem Projekt jeweils die Hälfte neue Gesteinskörnungen und Ausbauasphalt zusammengetan und sechs Prozent an Polymeren hinzugefügt. Das neu entstandene Mischgut wies dann drei Prozent an Polymeren auf. In die Deckschicht unserer Teststrecke in Uster wurden dreissig Prozent Ausbauasphalt verbaut, und es hat gut funktioniert.
Wie oft kann Asphalt wiederverwendet werden?
Mindestens dreimal, haben unsere Forschungen ergeben. Und wenn neue Materialien in einer gewissen Menge zu Ausbauasphalt dazu kommen, kann man ihn vermutlich so oft recyceln, wie es nötig ist.
Basel-Stadt erprobt Pflanzenkohle im Strassenbelag. Die Ergebnisse stimmen positiv: CO₂ wird dauerhaft im Boden gebunden, und der «grüne» Asphalt scheint qualitativ besser zu sein als konventioneller Belag.
In Basel-Stadt bekommen Bäume und Büsche ein zweites Leben. Nachdem sie verblüht sind oder gestutzt wurden, entsteht aus ihnen Pflanzenkohle. Wer im Biologieunterricht aufgepasst hat, weiss, dass Pflanzen Luft, Wasser und Kohlenstoff aus der Luft aufnehmen, um daraus unter anderem Glukose zu produzieren. Sterben Pflanzen ab, kommt der Kohlenstoff wieder frei. Werden Grünabfälle bei Temperaturen zwischen 450 und 750 Grad Celsius unter weitgehendem Ausschluss von Sauerstoff zu Pflanzenkohle pyrolysiert, lässt sich der Kohlenstoff speichern. In Basel-Stadt wird er sehr lange dem Kohlenwasserstoff-Kreislauf entzogen, indem die Pflanzenkohle in die Trag- und Binderschichten von Asphaltbelägen eingebracht wird.
Noch ist der Prozess relativ aufwendig. In Säcken wird Pflanzenkohle zum Asphaltmischwerk transportiert und dort von Hand in das Asphaltmischgut mit einem Anteil von derzeit fünfzig Prozent Ausbauasphalt (alter Asphalt, Anm. der Red.) gegeben. Der erste Versuch begann im September 2022 auf einer 450 Quadratmeter grossen Versuchsfläche auf einem viel befahrenen und stark beanspruchten Umschlagplatz für Recyclingstoffe in Allschwil. Auf eine Tonne Asphalt kamen jeweils zwanzig Kilogramm Pflanzenkohle. Insgesamt wurden 86 Tonnen Asphalt verbaut und somit rund 1700 Kilogramm der verkohlten Biomasse genutzt. «Eine Tonne der neuen Asphaltmischung bindet aktuell dauerhaft ein Äquivalent von circa 55 Kilogramm CO₂», sagt Michael Schweizer, Leiter Strassen und Kunstbauten im Tiefbauamt des Kantons Basel-Stadt. «Dieser neue Belag ist von sehr hoher Qualität, erfüllt alle Anforderungen an Schweizer Asphaltnormen und soll mittelfristig nur zehn bis fünfzehn Prozent teurer als herkömmlicher Strassenbelag sein», erläutert der Ideengeber für das Projekt «grüner Asphalt». Daran sind neben dem Tiefbauamt Basel-Stadt auch das Institut für Baustofftechnologie ViaTec Basel AG und die Industriellen Werke Basel beteiligt.
Am neuen Asphalt überzeugten weiter seine guten technischen Eigenschaften, beispielsweise eine geringere Neigung zur Spurrinnenbildung, sodass er bereits auf einem Kilometer einer Strasse im Kanton Basel-Landschaft genutzt wird. Im Kanton Basel-Stadt wurde er in Teilen der St. Alban-Vorstadt und der Reservoirstrasse eingebaut und findet demnächst auch in der Freiburgerstrasse Anwendung. Da die Matrix des Belages steifer sei, könne er sich auch als langlebiger erweisen, heisst es. Zwar benötigt die Verdichtung von Asphalt mit Pflanzenkohle im Vergleich mit konventionellen Asphaltmischungen beim Einbau mehr Energie. Doch nach Informationen des Tiefbauamtes Basel-Stadt verursachte die Herstellung einer Tonne Pflanzenkohleasphalt (50 Prozent Recyclingasphalt) 33,5 Kilogramm CO₂e (CO₂-Äquivalente), letztendlich werden aber 36 Kilo CO₂e gebunden. Die CO₂e-Bilanz liegt damit bei minus 2,5 Kilogramm. Übrigens lässt sich Pflanzenkohleasphalt auch recyceln, ohne dass dabei CO₂e freigesetzt werden.
In der Landwirtschaft herrscht seit ein paar Jahren grosse Begeisterung für Pflanzenkohle, da sie wie ein Schwamm für Nährstoffe und Lebensraum für Mikroorganismen fungiert. Manchen gilt sie als eine Art Klimaretterin, da das in ihr enthaltene CO₂ auf lange Zeit der Atmosphäre entzogen wird. Auch mit Pflanzenkohle im Beton wird experimentiert. Hierzulande wird schon der CO₂-reduzierte Baustoff angeboten. Mit der verkohlten pflanzlichen Biomasse im Asphalt betritt Basel-Stadt in der Schweiz jedoch Neuland. Der Kanton will eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz einnehmen und durch die Kombination von Emissionsreduktionen und der Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre mithilfe von Negativemissionstechnologien bis 2037 klimaneutral werden. Noch einen Vorteil bietet die Herstellung des nachhaltigen Asphaltmischguts. Für die Pyrolyse wird erst Energie benötigt, die dann wieder freigesetzt und im Kanton ins Fernwärmenetz eingespeist wird. So entstehen aus einem Kilogramm pflanzlicher Biomasse eine Kilowattstunde Fernwärme und 170 Gramm Pflanzenkohle.
Texte: Juliane Lutz
Fotos: Dan Riesen/OFEB, Grafik Energie- und Ressourcen-Management GmbH, Martins Zaumanis, Tiefbauamt Basel-Stadt, Keystone
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Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte La Presta im Val de Travers zu den grössten und wichtigsten Asphaltminen der Welt. Längst stillgelegt, ist La Presta heute ein Schaubergwerk.
1711 entdeckte ein griechischer Arzt im Val de Travers Asphaltvorkommen. Erst zu medizinischen Zwecken genutzt, wurde das Material später kommerziell abgebaut. Der Aufschwung kam, als 1873 die britische Neuchâtel Asphalte Company Ltd. (Naco) übernahm. Bis 1913 stammte ein Fünftel der globalen Asphaltproduktion aus La Presta. Der Erste Weltkrieg führte zu einem ersten Einbruch, bis 1967 kam der Exportmarkt fast völlig zum Erliegen. Wer das heutige Schaubergwerk besucht, kommt auch kulinarisch auf seine Kosten. Im Café des Mines steht in Asphalt gekochter Schinken auf der Karte, ein weltweit wohl einzigartiges Gericht. Die Mineure genossen ihn früher am 4. Dezember im Rahmen eines Festmahls zu Ehren der Heiligen Barbara. Sie ist die Schutzpatronin der Bergleute.
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