Der Ford F-150 ist so etwas wie der Marco Odermatt der amerikanischen Autoindustrie. Seriensieger in der Spezialdisziplin Pick-up-Trucks, aber auch Gesamtsieger unter den Autoneuverkäufen überhaupt. Im Land der breiten und geraden Strassen trägt das Segment Pick-ups mit einem Fünftel zu den US-Autozulassungen bei. Den Verkaufserfolg des F-150 stützt seit 2022 die vollelektrische Version F-150 Lightning, wenngleich noch in überschaubaren Stückzahlen. Etwa 40’000 Exemplare dürften dieses Jahr gemäss Medienberichten abgesetzt werden. Das sind weniger als zehn Prozent des Gesamtabsatzes des F-150 und weit entfernt von der angepeilten Produktionskapazität von jährlich 150’000 Lightnings (zu Deutsch: Blitze). Deutliche Preissteigerungen mögen zum ausgebliebenen Verkaufsboom beitragen, die starke Konkurrenz durch die junge, rein elektrische Marke Rivian ebenfalls oder vielleicht das Warten auf den Edelstahlboliden Tesla Cybertruck. Wie dem auch sei, die positive Kehrseite dieser Entwicklung: Ford hat nun freie Kapazitäten, um nach Europa zu liefern. Gestartet wurde im Stromerland Norwegen, jetzt langt auch Ford Schweiz zu.
Hundert Exemplare sind vorerst vorgesehen. Die dürften schnell weg sein, wie ein erster Proberitt vermuten lässt. Dass Ford seit Jahrzehnten die Nummer Eins der Pick-ups baut, merkt man im Lightning schon auf den ersten Metern. Wobei das Erstaunliche noch nicht mal so sehr in den Transportfähigkeiten liegt, sondern beim Fahren. Sind die Strassen breit genug, lassen sich, trotz eher tauber Lenkung, Kurven aller Art mit viel Vertrauen zügig durcheilen. Das fühlt sich kaum nach 6,29 Metern Länge an und schon gar nicht nach Laster (Englisch: Truck). Der F-150 Lightning wankt nicht, er dämpft straff. Das ist auch leidlich bequem, nur über Autobahnquerfugen rumpelt er eher steifbeinig. Einen tadellosen Eindruck machen die Bremsen. Das auf dem 15,5 Zoll grossen, hochgestellten Zentralbildschirm aktivierbare «One-Pedal-Drive» wird seinem Namen gerecht: Abgesehen von Notfällen muss das Bremspedal nicht bemüht werden.
Konstruktiv lehnt sich der Lightning stark an den konventionellen F-150 an, nur dass anstelle des Motorraums ein üppiger Frunk mit 400 Liter Stauraum einen Wochenendeinkauf problemlos schluckt. Auf die rund 1,7 mal 1,3 Meter grosse Ladefläche passt dann noch eine mittlere Wohnungseinrichtung. In die Schweiz wird der Ford F-150 Lightning in der Version Lariat geliefert. Zwei Elektromotoren vereinen sich zu 458 PS Maximalleistung und der Wucht von 1050 Newtonmetern Drehmoment. Die Topversion mit 589 PS bleibt den Amerikanern vorbehalten. Doch auch die schwächere Version marschiert beachtlich, katapultiert den 2,9 Tonnen wiegenden Truck in unter fünf Sekunden auf Tempo 100. Eine grosse Batterie mit 131 Kilowattstunden bleibt ebenfalls jenseits des Teichs, hierzulande sollen 98 Kilowattstunden (brutto) respektive 91 Kilowattstunden (nutzbar) genügen. Die von Ford angegebene Reichweite von 427 Kilometern wirkt reichlich optimistisch, schliesslich ist ein Pick-up bei Luft- und Rollwiderstand alles andere als ein Effizienzwunder. Zumal diese Reichweite mit einem Verbrauch von 26,6 Kilowattstunden auf hundert Kilometern (ebenfalls laut Ford) rein rechnerisch gar nicht zu schaffen ist. Nimmt man die 3,5 erlaubten Tonnen an den Haken, vermindert sich die Reichweite – das lassen Tests in den USA schliessen – auf unter 200 Kilometer. Massiv erhöhte Verbräuche beim Lastenziehen sind indes typisch für Elektroautos.
Am DC-Schnelllader zieht der Blitz maximal 150 Kilowatt; eine Ladung von fünfzehn bis achtzig Prozent ist gemäss Ford in 39 Minuten erledigt. Interessant für Handwerker und Handwerkerinnen dürfte die Fähigkeit des Lightning sein, Strom nicht nur zu tanken, sondern, für den Betrieb von Elektrogeräten, auch wieder abzugeben. Die Steckdosen im Innenraum sowie der linken Seitenwand der Ladefläche versorgen dank 2,3 Kilowatt mit 240 Volt auch mehrere Geräte. In den USA klappt, mit bis zu 7,2 Kilowatt, auch Vehicle-to-Home, indem das Fahrzeug als Stromspeicher für den Haushalt fungiert. In Europa sind noch Regulierungsfragen mit den unzähligen Stromanbietern offen. Auch das keine Ford-spezifische Herausforderung.
Das auf den ersten Blick intuitive Infotainment hingegen ist auch hier an Bord. Apple Car Play und Android Auto lassen sich kabellos verbinden. Fahrassistenten, Kameras und Sensoren, das ist alles up to date. Vier Fahrmodi stehen zur Wahl, darunter ein Setup fürs Gelände. Das Interieur verspricht mehr robusten Nutzwert denn Eleganz, dem Anspruch hoher Nutzbarkeit durchaus angemessen. Um ohne Hechtsprung auf die Ladefläche zu gelangen, bietet sich die in der Heckklappe integrierte Trittstufe mit Haltegriff an.
Das CH-Angebot konzentriert sich auf den F-150 Lightning Lariat in der Farbe «Antimatter Blue Metallic». Dafür ruft Ford Schweiz hierzulande 127'000 Franken auf. Dafür erhält man ein solide gebautes, fünfsitziges Multitalent für Arbeit und Freizeit mit auch fahrerisch grossem Spassfaktor, das lokal CO2-frei fährt. Dennoch, die Rechnung ist gesalzen und liegt umgerechnet rund beim Doppelten des US-Verkaufspreis.
Text: Daniel Riesen
Fotos: Ford
Daten
Ford F-150 Lightning
LxBxH: 6,29 x 2,06 x 2,00 m,
Leergewicht 2900 kg, Nutzlast 600 kg, Anhängelast 3492 kg.
Antrieb: Zwei Elektromotoren an
Vorder- und Hinterachse, Allradantrieb. Max. Leistung 336 kW (458 PS), 1050 Nm. Antriebsbatterie nutzbar 91 kWh.
0 bis 100 km/h: < 5,0 s
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
Reichweite: 413 km
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