Im Interview legt er dar, welche Schwerpunkte er in den kommenden Jahren setzen will.
Nach der Wahl in den Bundesrat haben Sie sicher viele gute Tipps erhalten. Waren da auch komplett unnütze Tipps dabei?
Albert Rösti: Da kommt mir gerade keiner in den Sinn. Vielleicht auch deshalb, weil ich versuche, Tipps ernst zu nehmen. Einen Teil davon befolgt man, andere vergisst man wieder. Einen Tipp, den ich oft hörte, der gleichzeitig Kompliment und leicht zu befolgen ist, war, dass ich bleiben soll, wie ich bin.
Mit dem Uvek haben Sie ein sehr exponiertes Departement übernommen. Wie würden Sie die ersten Eindrücke zusammenfassen?
Es ist eine intensive, aber auch spannende Zeit in diesem sehr breit aufgestellten Departement. Ich bin erfreut über die vielen hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mich grossartig unterstützen. Und der Respekt vor dem Amt ist heute fast noch grösser als vorher. Denn die Herausforderungen, das Land mit einer ausreichenden und sicheren Infrastruktur zu versehen, sind sehr gross – im Moment vor allem im Strombereich.
Um die Energiesicherheit wird es auch am 18. Juni gehen. Warum sollte das Volk den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative annehmen?
Es ist für den Bundesrat unbestritten, dass wir aus den fossilen Energien aussteigen müssen. Mit dem indirekten Gegenvorschlag hat das Parlament auf die sogenannte Gletscherinitiative geantwortet, die ab 2050 Öl und Gas verbieten will. Der indirekte Gegenvorschlag enthält keine Verbote, sondern sorgt mit Anreizen dafür, dass die Schweiz ihre Treibhausgase weiter senkt. Bis 2050 wird es uns wohl dennoch nicht gelingen, überall und gänzlich die fossilen Energieträger zu ersetzen. Deshalb sollen verbleibende, schwer vermeidbare Emissionen ausgeglichen werden. Mit dem Gesetz wird zudem auch ermöglicht, dass mehr für die Prävention und den Schutz der Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels gemacht wird, etwa bei Hochwasser oder Murgängen. Klar ist aber, dass für den Ersatz der fossilen Energien viel mehr Strom benötigt wird als heute. Der Bundesrat will mit dem Gesetz auch die Pariser Klimaziele berücksichtigen.
Sind wir überhaupt in der Lage, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen?
Das wird eine sehr grosse Herausforderung. Und wir werden nur in der Lage sein, die Ziele zu erreichen, wenn es uns gelingt, genügend CO₂-freie Energiequellen zu erschliessen. Dabei muss man bedenken, dass wir etwa doppelt so viel Strom brauchen werden wie heute. Darum wurde auch mit dem Mantelerlass in das Gesetz geschrieben, dass wir 45 Terawattstunden zusätzlichen Strom produzieren. Damit die Energie am Ende reicht, braucht es aber auch massive Einsparungen beim Verbrauch. Und man muss sich bewusst sein, dass Wasserkraftwerke, Solaranlagen und Windparkanlagen Eingriffe in die Landschaft bedeuten …
… Das klingt nicht sehr optimistisch.
Ohne Güterabwägung wird es nicht gehen, und für den langfristig grossen Wurf braucht es auch Technologieoffenheit. Was ich auf keinen Fall will, ist eine Verarmung der Bevölkerung, weil zu wenig Energie da ist. Es braucht sicher noch viel Forschungsarbeit, aber die Ziele sind definiert. Und es stimmt mich optimistisch, dass im Verkehr, im Heizungsbereich oder auch bei der Flugindustrie alternative Technologien schon vorhanden sind. Mein Grundsatz ist, dass Energiepolitik vor Klimapolitik kommt. Erst wenn wir genügend Strom haben, werden die Leute bereit sein, auf Elektromobilität, Wärmepumpen und anderes umzusteigen.
Und wie wollen Sie eine genügend grosse Produktion und Versorgung von erneuerbaren Energien sicherstellen?
Kurzfristig werden wir uns auf Wasserkraft und Sonnenenergie konzentrieren, vor allem mit mehr Speichermöglichkeiten im Winter. Die Nutzung von Sonnenenergie steigt heute schon von allein an, im Moment kommt pro Jahr etwa eine Terawattstunde Solarstrom dazu. Das ist etwa so viel wie die Stadt Bern pro Jahr verbraucht. Wichtig ist aber vor allem die sichere Stromversorgung im Winter. Deshalb wurden fünfzehn Wasserkraftprojekte ins Gesetz geschrieben, und es gibt einen Beschleunigungserlass für mehr Windprojekte. In den nächsten zehn Jahren werden wir sehen, was realistisch ist. Aber wenn es bei jedem Projekt Einsprachen und Beschwerden gibt, wird es schwer werden.
Betrachtet man die Elektromobilität, ist das heute vor allem etwas für Besitzer von Einfamilienhäusern, die eine Solaranlage auf dem Dach installieren können. Die Schweiz ist aber ein Land der Mieter. Wie soll dieser Teil der Bevölkerung umsteigen?
Bei Neubauten sollte es heute eigentlich Standard sein, genügend Ladeplätze zu planen. Letztlich kann der Bundesrat aber nicht in die Eigentumsfreiheit eingreifen. Im nächsten CO₂-Gesetz sind dreissig Millionen Franken pro Jahr für Ladeinfrastrukturen in Mehrparteiengebäuden oder auf öffentlichen Parkplätzen eingeplant.
Die Bevölkerung wächst, und wir erleben tagtäglich, dass unsere Infrastruktur unterdimensioniert ist. Gleichzeitig sind viele Projekte durch Einsprachen verzögert. Bräuchte es da nicht eine Priorisierung?
Das machen wir bereits alle vier Jahre mit dem strategischen Ausbauprogramm. Es ist aber richtig, dass die Verzögerungen der letzten Zeit nicht auf fehlende Mittel zurückzuführen sind, sondern auf Einsprachen. Den Rechtsstaat wollen wir aber auch nicht aushebeln.
Bei Energieprojekten wird diese Priorisierung nun aber gemacht.
Da gibt es aber schon einen Unterschied. Notmassnahmen müssen da getroffen werden, wo es Not gibt. Die Stausituation bei uns ist zwar sehr intensiv, aber auch regional. Bei einer Strommangellage hingegen würden alle Bürgerinnen und Bürger betroffen sein. Ich bin ganz klar für den Ausbau der Autobahnen, genau gleich, wie ich für den Ausbau beim öffentlichen Verkehr bin. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass noch einige Kapazitäten ungenutzt sind. Mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Homeoffice oder wenn nicht alle gleichzeitig in die Ferien wollen, liegt auch noch etwas drin.
Wo wollen Sie in den nächsten Jahren Schwerpunkte setzen?
Ich möchte, dass wir sehr rasch möglichst viel Winterstrom produzieren in unserem Land. Alpine Solarkraft ist da eine Möglichkeit, damit die Versorgungssicherheit stabil bleibt. Zweitens ist mir ein guter Ausgleich zwischen Stadt und Land wichtig. Ich erwarte, dass es überall Lebensqualität gibt. Dazu gehört etwa auch, dass wir eine Breitbandstrategie verfolgen, damit die Schweiz digital erschlossen wird – auch in Regionen, wo der Markt das nicht von allein regelt. Auch das ist für mich Infrastruktur. Womit wir beim dritten Schwerpunkt sind, nämlich eine sichere und ausreichende Infrastruktur in allen Bereichen.
Interview: Dino Nodari
Fotos: Raphael Hünerfauth
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