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20.06.2024

Vier von fünf

Seit einem Jahrhundert bildet die Patrouille das Herz und Aushängeschild des Clubs.
20. Juni 2024

Obwohl man nie hofft, ihre Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, sind die Gelben Engel dann zur Stelle, wenn man sie braucht, und geben den in Panne geratenen Verkehrs­teilnehmenden ihre Mobilität zurück.

Niedergeschlagen steht der ältere Herr mit Schiebermütze vor seinem Fahrzeug. «Der macht keinen Wank mehr. Mein Garagist meinte am ­Telefon, dass er auf jeden Fall abgeschleppt werden muss. Das Mittagessen mit der Familie kann ich somit vergessen», sagt er zu Jörg Bucher. Der ­Patrouilleur hebt die Augenbrauen, greift sich das Batterietest- und Starthilfegerät aus seinem Fahrzeug und erwidert trocken: «Ob hier etwas abtransportiert werden muss, wollen wir doch erst mal sehen.»

Er öffnet die Motorhaube, schliesst das Gerät mit ein paar Handgriffen an, setzt sich auf den Fahrersitz und dreht den Schlüssel. Es rattert und schnurrt. Der Wagen läuft. Verblüfft schiebt der Mann die Mütze nach hinten. «Wie jetzt?
Das Auto muss nicht abgeschleppt werden?», fragt er. «Nein. Sie können weiterfahren», antwortet Bucher mit einem zufriedenen Schmunzeln. Dann protokolliert er die Arbeit, überreicht dem Mann eine kleine Packung Guetzli und gibt ihm zum Abschied die Hand. «Ich wünsche eine gute Fahrt und ein angenehmes Mittag­essen.» Die ­Erleichterung und die Dankbarkeit stehen dem Mann ins Gesicht geschrieben.

Mehr als Pannenhilfe

Patrouilleur
Der 34-Jährige ist ­einer von schweiz-weit rund
200 TCS-Pannenhelfern. Für ihn ein Traumjob.

Begegnungen wie diese erlebt Jörg Bucher mehrmals am Tag. Heute werden es sieben sein. Er lädt Batterien auf oder verkauft und installiert neue, diagnostiziert ein Problem am Spannriemen und repariert platte Reifen. Bei einem Fahrzeug soll er einen Ersatzreifen montieren, muss jedoch feststellen, dass es sich um schon sechzehn Jahre alte Pneus handelt. Kurzum organisiert er einen Termin beim Reifenhändler und begleitet die Kundin, die hinter ihm herfährt, bis zum Pneuhaus. Die Arbeit des Patrouilleurs geht nicht selten über die eigentliche Pannen­behebung hinaus. So macht er noch schnell einen Ölcheck, entfernt alte Vignetten oder wischt Laub aus dem Motorraum. Unaufgeregt und freundlich verwandelt er ärgerliche, stressige Situationen in Momente der Erleichterung und Dankbarkeit, welche mit netten Worten, Händeschütteln und Schulterklopfen honoriert werden. Aus einem Problem wird eine Lösung, aus einer Panne lediglich eine kurze Pause. «Diese Dankbarkeit motiviert mich und gibt mir das ­Gefühl am Abend, etwas Sinnvolles getan zu haben. Schon ein cooler Job, nicht?», sagt er mit ­einem stolzen Lächeln.

Seit drei Jahren trägt Bucher die Uniform des TCS, zuvor war er bereits sechs Jahre bei einem anderen Pannendienst angestellt. Sechs bis acht Einsätze leistet er pro Schicht. Dabei legt er zwischen hundert und zweihundert Kilometer in ­seinem Einsatzgebiet, der Zentralschweiz, zurück. Im Durchschnitt können achtzig Prozent der liegen gebliebenen Fahrzeuge nach der Hilfe durch die Patrouille weiterfahren, oder anders gesagt: vier von fünf. Und für den seltenen Fall, dass die Weiterfahrt nicht möglich ist, sorgt der TCS dafür, dass das Fahrzeug in die Werkstatt kommt sowie der Fahrer oder die Fahrerin samt Mitreisenden an ihr Ziel gelangen.

Patrouilleur
Multitalent Jörg Bucher kocht leidenschaftlich gerne, auch in der Mittagspause. Zudem spielt er Handorgel und Kontrabass und absolviert ­gerade die Prüfung zum Helikopterpiloten.
 

Eine einzigartige Erfolgsgeschichte

Das Problem mit Fahrzeugpannen ist, dass sie immer unerwartet und immer zu einem un­günstigen Zeitpunkt auftreten – sei es vor einem wichtigen Termin, während der Fahrt in die Ferien oder nach dem Einkaufen. Kurz: immer dann, wenn man irgendwo hinmuss. Plötzlich wird einem durch eine leere oder defekte Batterie, einen platten Reifen oder ein bedrohlich leuchtendes Warnsignal die Komplexität eines Fahrzeugs und eine gewisse Hilflosigkeit vor ­Augen geführt. Mobilität ist vom einen auf den anderen Moment nicht mehr selbstverständlich.

Diese Umstände, wie sie täglich hundertfach auf Schweizer Strassen vorkommen, sind es schliesslich, welche der TCS Patrouille die grosse Bedeutung für die Schweizer Mobilität und die seit 95 Jahren ununterbrochene Daseinsberech­tigung verleihen. Bereits im Jahr 1929, als die Automobile allmählich die Strassen zu erobern begannen, erkannte der Touring Club Schweiz die Notwendigkeit eines Strassenhilfsdienstes. Nebst der Installation von Hilfsposten an den Landesgrenzen waren die TCS-Agenten während den üblichen Reisezeiten mit Motorrädern auf den Hauptstrassen unterwegs, um bei Pannen ihre Dienste anzubieten. Aufgrund der vielen Unfälle war jeder Töff auch mit einem Seitenwagen und Sanitätsmaterial ausgestattet, um Verwundete zu versorgen und ins Spital zu transportieren. Der neue Pannendienst stiess auf grosse ­Resonanz und Anerkennung, sodass ihn der Club sieben Jahre später, nun unter dem Namen Touring-Hilfe, zu einem landesweiten, rund um die Uhr verfügbaren Service ausbaute.

Als sich die Autos in den Folgejahren end­gültig zum Massentransportmittel etablierten, war die Touring-Hilfe bereits ein fester, uner­lässlicher Bestandteil des Schweizer Verkehrssystems – seit 1996 unter dem Namen TCS Patrouille. Bis heute zeichnet sich das Aushängeschild des Touring-Clubs vor allem dadurch aus, dass es neue Technologien und Mobilitätstrends mit bemerkenswerter Weitsicht früh erkannt und sich in kurzer Zeit darauf eingestellt hat. Von der Direktein­spritzung und dem Turbolader über den Kataly­sator bis zur modernen Elektronik und den Fahr­assistenten, ob Auto, Motorrad, Roller, ­E-Bike oder Velo, Diesel-, ­Benzin-, Gas-, Hybrid- oder Elektroantrieb – die Patrouille des TCS ­verfügt stets über das nötige Know-how. Und sie wird sich auch an die zukünftigen Veränderungen anpassen und dafür sorgen, dass die Menschen ihr Ziel trotz Panne erreichen werden.

Internationale Spitze

Diese Eigenschaften machen den TCS-Pannendienst zu einem wesentlichen Faktor, damit das komplexe Schweizer Nationalstrassennetz möglichst rundläuft, wie Jürg Röthlisberger, Direk-tor des Bundesamtes für Strassen (Astra), bestätigt: «Wenn ein Auto eine Panne hat, führt dies auf ­einer Autobahn zu gefährlichen Situationen und Stau. Der rasche und kompetente Einsatz der TCS Patrouille sorgt für Sicherheit und ­flüssigen Verkehr. Für dieses tägliche Engagement sind wir dankbar.» Auch TCS-General­direktor Jürg Wittwer weiss um die Bedeutung der Patrouille: «Die Qualität, dass wir vier von fünf Autos noch am Strassenrand wieder flottkriegen, schafft sonst niemand. Zudem sind die Patrouilleure immer bereit, immer auf Achse, ­immer freundlich, immer kompetent. Darum habe ich eine solche Achtung vor ihrer Leistung. Sie sind und bleiben der Inbegriff des TCS: in der Not immer an meiner Seite.» Und diese ­Qualität resultiere schliesslich in einer überaus hohen Zufriedenheit, die auch über die Landesgrenzen hinaus unerreicht sei. «Wir messen ­regelmässig die Weiterempfehlungsrate. Das ist ein einheitlicher Massstab für die Kundenzu­friedenheit. Dieser liegt bei ­unseren Patrouilleu­ren bei 88, das heisst, neun von zehn Personen empfehlen uns weiter», erklärt Jürg Wittwer. ­Damit liege man sogar im internationalen Vergleich an der absoluten Spitze.

Der gute Ruf des Clubs ist also zu einem grossen Teil der wertvollen Arbeit der Patrouille, sprich Mitarbeitern wie Jörg Bucher zu verdanken. Dieser schwingt gerade die Pfanne am Stütz-punkt in Emmen. In der Mittagspause bereitet sich der passionierte Hobbykoch, Ländlermusikant und angehende Helikopterpilot meistens ­etwas in der kleinen Küche zu. Heute ein Thai-Curry, ohne Reis, da zu viele Kohlehydrate ihm schwer aufliegen und bei der Arbeit stören würden. Den Reis hätte er sich dieses Mal jedoch durchaus gönnen können, denn der Nachmittag verläuft ruhig. Anstatt aber am Stützpunkt auf Aufträge zu warten, fährt er durch die Strassen und Auto­bahnen der Innerschweiz. Vielleicht kann er ja jemandem spontan behilflich sein. «Beim TCS ­erachten wir es als unsere Pflicht, allen, die ein sichtbares Fahrzeugproblem oder einen Unfall haben, zur Seite zu stehen, auch wenn sie uns nicht gerufen haben», sagt Bucher. Man spürt es zu jeder Zeit: Das Helfen liegt ihm im Blut. Er will Probleme lösen und anderen das Leben erleichtern – als Belohnung genügt ihm ein simples «Dankeschön». Ein moderner Held. Ein Gelber Engel.

Markus Kummer (48) ist seit 2018 Direktor des Geschäftsbereichs
Assistance und Mitglied der Geschäftsleitung des TCS.

Assistance-Direktor Markus Kummer über die TCS Patrouille von heute und morgen, Pannenhilfe per Telefon und Internet sowie die sinnvolle Berufswahl des Patrouilleurs.

In den meisten Voll- oder Teilkasko­versicherungen ist ein Pannendienst inbegriffen. Inwiefern hebt sich die Pannenhilfe des TCS davon ab?
Markus Kummer: Pannendienst ist nicht gleich Pannendienst. Insbesondere können unsere Mitglieder ihre Fahrt nach dem Einsatz der TCS Patrouille in mehr als acht von zehn Fällen direkt fortsetzen. Dies ist das Resultat einer kontinuierlichen Aus- und Weiter­bildung der Patrouilleure sowie ihres hohen Engagements für unsere Mitglieder und Kunden. Das zeigt sich auch in der äusserst hohen Weiterempfehlungsbereitschaft, welche wir nach jedem Einsatz messen und die hohe Zufriedenheit mit uns bestätigt. Ferner deckt die TCS Mitgliedschaft die Person und nicht das Fahrzeug. Das heisst, als Mitglied des TCS ist man nicht nur mit dem eigenen Fahrzeug gedeckt. Hinzu kommen viele weitere Vorzüge wie die Mitgliedervorteile, Rabatte oder der «Touring».

Die Fahrzeuge werden zunehmend technisch ausgefeilter und sicherer. Wird es die Pannenhilfe in Zukunft überhaupt noch brauchen?
In der Tat werden die Fahrzeuge immer vernetzter, digitaler und autonomer – und die Elektromobilität wird weiter voranschreiten. Dies wird die Art und voraussichtlich auch die Anzahl der Pannen beeinflussen. Tendenziell wird es langfristig wohl weniger Pannenfälle geben, weil sich abzeichnende Pannen durch die Vernetzung schon vor deren Eintritt identifizieren lassen. Unseren Pannendienst wird es aber auch dann noch geben, jedoch wird der Patrouilleur bereits vor der Panne kommen und zum Beispiel die Batterie ersetzen. Und: Selbst die besten Autos werden auch in Zukunft nicht vor Reifen- und Batteriepannen gefeit sein.


Der TCS kann Fahrzeughaltern vermehrt auch aus der Ferne helfen. Wie funktioniert das?
Wir sprechen hier von der Hilfe am Telefon. Oft können unsere Mitarbeitenden dank ihrer hohen tech­nischen Exper-
tise Pannenursachen schon am Telefon identifizieren und die Panne dadurch be­heben – stets im Austausch mit dem ­Mitglied. Sehr hilfreich ist dabei unsere grosse Datenbank, welche die Funktionsweise praktisch jedes Automodells beinhaltet. Letztes Jahr konnten unsere Notdienstzentrale sowie der technische Helpdesk so über 16 000-mal helfen.

Welche Erkenntnisse haben Sie bisher aus der TCS Online Assistance gewonnen? Wird dies oft genutzt?
Ja, der digitale Kanal entspricht einem grossen Bedürfnis. Heute erreicht uns einer von drei Fällen über die TCS Online
Assistance. Sie bietet zum Beispiel den Vorteil der automatischen Lokalisierung des Standorts. Auch ich habe meine letzte Panne so gemeldet. Aber: Das Mitglied wird immer die Wahl haben, und selbstverständlich sind wir auch weiterhin telefonisch erreichbar.


Neu kann ein Teil der Patrouillen­fahrzeuge Autos direkt mittels ­ausfahrbarer Achse abtransportieren. Warum ist das nützlich?
In den seltenen Fällen, in denen die Weiterfahrt nicht möglich ist, kann ein Fahrzeug nun direkt und sicher abtransportiert werden – ohne auf ein zweites Einsatzmittel warten zu müssen. Dies bedeutet vor allem weniger Zeitverlust.


Warum sollten junge Menschen heute noch den Beruf des Patrouilleurs wählen? Welche Anforderungen und Chancen bietet der Job beim TCS?
Als Patrouilleur hilft man in Notfällen und erhält grosse Wertschätzung. Die Arbeit ist abwechslungsreich und bietet ein hohes Mass an Selbstständigkeit, ­Eigenverantwortung und Freiheit. Wer dies sucht und ein freundliches, posi­tives Auftreten sowie die fachliche ­Expertise mitbringt, wird durch die TCS-interne Ausbildung und die von uns finanzierte Ausbildung zum Strassenhelfer mit eidgenössischem Fachausweis ausgebildet. Wir bilden unsere Patrouilleure auch kontinuierlich weiter aus, beispielsweise in neuen Technologien wie der Elektromobilität und dem Umgang mit digitalen Fahrzeugen.

Digitaler Alleskönner Über das Tablet werden Aufträge vergeben,
­Fahrzeuginfos angezeigt, Protokolle geschrieben und vieles mehr.
 
Eine integrierte Achse zum Transport
von Autos befindet sich neuer-dings im Heck
einiger Einsatzfahrzeuge.
 
Patrouille, Fahrzeug
Ausgerüstet bis unters Dach Der Patrouilleur kann auf
eine Vielzahl an Werkzeugen und Hilfs­mitteln zurückgreifen. ­
Einige davon kann er ­selber wählen.

Text: Dominic Graf
Fotos: Emanuel Freudiger

Patrouilleur
Rund 1300-mal leistet der Patrouilleur pro Jahr Pannenhilfe. Über achtzig Prozent der Fahrzeuge fahren danach weiter.
 
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