Motorrad-Pässefahrten sind Achterbahnfahrten durch die Klimazonen. Das Unterland ächzt im Juli unter Hitzestau, du aber stehst auf dem Splügen und lässt dir einen angenehmen Luftzug um die Ohren wehen. Doch kein Glück dauert ewig. Eine halbe Stunde, 1800 Höhenmeter und gefühlt eine Zillion Kurven später erblickst du am zentralen Kreisel in Chiavenna die Pizzeria mit «Forno a legna» und weisst: Nur nicht in die Nähe eines Holzofens, du triefst so schon wie der Eskimo in der Sauna.
Eine weitere Stunde später stehen wir auf dem Malojapass, der Temperaturhaushalt wieder normalisiert. Rainer Bächli geniesst den Blick das Bergell hinunter, saugt die Eindrücke auf und verdaut den letzten Swing durch die kunstvoll durch die Steilstufe am Eingang des Oberengadins geknotete Prachtsstrasse. Eigentlich müsste er in seinem Motorradgeschäft in Dietikon schwitzende Kundschaft beraten, doch für den Start des besonderen Touring-Pakets hat sich Rainer aus dem Alltag ausgeklinkt.
Drei Parteien haben sich zusammengetan: Bächli liefert auf Wunsch Motorräder, als jahrzehntelanger Harley-Spezialist vor allem Traumbikes aus Amerika. Edy van de Kraats, ein Kunde von Bächli, ist – unter anderem – Tourguide und führt Gäste entspannt und im angepassten Rhythmus über die Berge. Für das Dach über dem Kopf und einiges mehr sorgt nach getaner Kurvenarbeit das Hard Rock Hotel in Davos. Gewiss kann man Hotel, Bike oder Roadcaptain auch separat buchen. Doch gerade wenn wenig Zeit ist für Organisatorisches oder es an Fahrpraxis mangelt, macht das Rundum-sorglos-Paket Sinn.
In unserem Fall war war die Tour ein Steigerungslauf: Anfahrt von Dietikon nach Davos am Tag 1, darauf eine mittlere Runde mit Via Mala, Splügen, Maloja und Albula und zum Abschluss die Königsetappe mit Flüela, Ofenpass, Stilfserjoch, Passo di Foscagno, Livignio, Forcola di Livigno, Bernina und Julier. Uff!Die passende Maschinerie: grösstenteils Bikes von Harley-Davidson, von Touring-Schlachtrössern über die Reiseenduro Panamerica bis zu einer Sportster S. Und als Beigabe ein Roadster von BMW, eine wuchtige R 18. Die meisten fahren also Touring-Motorräder, was schön sein mag auf der Autobahn, ansonsten jedoch die Kühlung des Piloten beschränkt und in den engen Kehren einige Zusatzpfunde mit sich bringt. Die mit den unverkleideten Harleys sitzen im Wind, tragen leichter, dafür müssen sie mit der Sackmesser-Sitzposition zurechtkommen.
Zum Kennenlernen der Töff erwies sich die Überführungsetappe von Zürich in die Berge als ganz hilfreich. Trudeln durch die Stadt, rauf auf die Autobahn, erste unkomplizierte Kehren am Kerenzerberg, dann schon etwas anspruchsvoller einige Bögen abseits der Hauptstrasse im unteren Prättigau. Man merkt, Guide Edy kennt sich aus. Spätestens beim Rollen über die spektakuläre Schrägseil-Hängebrücke bei Klosters kann man sich wieder entspannen und sich schon mal aufs Hard Rock Hotel freuen.
Wie geschichtsträchtig (siehe Infos in rechter Spalte) das Etablissement ist, erschliesst sich dem Neuankömmling kaum. Zu konsequent ist das Haus nach den Ideen der Marken-Franchise durchgestylt. Der Eingang mag aufgrund der baulichen Engnis in der Dorfmitte nicht sehr repräsentativ sein, doch die Einrichtung lässt wenige Wünsche offen. Zimmer und Suiten sind nach Themen aus der Rockgeschichte gestaltet, im Restaurant Sessions finden sich passende Speisen, und der Wellnessbereich wäre nochmals einen gesonderten Bericht wert. Nur so viel: Dort wird musikalisches und körperliches Wohlbefinden elegant kombiniert. Dass man im Hard Rock Hotel Fender-Gitarren mieten und kreativ werden kann, passt ebenfalls gut.
Kurze drei Motorradtage vergehen wie im Flug. Viele Erinnerungen verschwimmen, einige bleiben für immer: Der Anblick der riesigen Baustellen rund um das Dorf Bondo im Bergell zum Beispiel, das mit gewaltigen Schutzbauten vor künftigen Schlammlawinen geschützt werden soll. Die Frühmorgentour über den Flüela. Der gestikulierende Kollege Hanspeter vor mir in der Abfahrt vom Splügen. Fast in jeder Kurve hört er hinter sich kratzende Geräusche und will mich bremsen, aus Sorge um die am Asphalt kratzenden Trittbretter meiner Road Glide, die eben nicht meine ist. Auch die junge Dame, die es sich im Prättigau – ich glaube, es war in Buchen – entspannt im Brunnentrog in bestimmt eiskaltem Wasser gemütlich machte. Oder das vorzüglich zubereitete Capuns im Restaurant Islen. Und der stimmige Abschiedsapéro in der Bar The 5th auf der Dachterrasse des Hard Rock Hotels.
Wer die Bündner Berge nicht mit eigenem Motorrad erkunden oder einfach mal von der Traum-Harley träumen will, wird bei Bächli Motorcycles in Dietikon (ZH) fündig. Der BMW-, Triumph- und Harley-Händler bietet eine breite Palette von Fahrzeugen zur Miete. Es darf eine Harley-Davidson sein, aber auch eine flinke Triumph oder eine sportliche BMW.
baechli-motorcycles.ch
«Geben Sie die Routenplanung in die Hände des lokalen Experten, und geniessen Sie einfach die Fahrt und die Ausblicke.» So einfach und einleuchtend wirbt Tourguide Edy van de Kraats für sein Angebot. Am besten lässt man sich individuell beraten. So können auch Fahrerfahrung und vermutetes Fahrkönnen vorgängig abgeklärt und allenfalls mit einer Einführungslektion aufgefangen werden.
Email: events@hrhdavos.com
Text: Daniel Riesen
Fotos: Horst Rösler und Walter Dürst
Hard Rock Hotel
Das heutige Hard Rock Hotel und frühere Diakonissenhaus war in Davos lange als Alexanderhaus bekannt. Dies geht auf Alexander Spengler zurück. Der Deutsche flüchtete 1848 aus politischen Gründen, studierte in Zürich Medizin und gab entscheidende Impulse, das Bergdorf zu einem international bekannten Kurort zur Heilung von Tuberkulose zu machen. Schlaf auf sonnigen Terrassen gehörte zum Behandlungskonzept. Auch sein Sohn Carl, ebenfalls Arzt und Sportliebhaber, schrieb Dorfgeschichte. 1923 gründete er den Spengler-Cup, das heute älteste Eishockeyturnier überhaupt.
Das Hard Rock Hotel in Davos-Platz hat für das Franchise in Europa einen besonderen Stellenwert. Es wurde 2017 als erstes Hard Rock Hotel auf dem europäischen Festland eröffnet und ist – bis jenes in Hamburg eröffnet wird – das einzige im deutschsprachigen Raum. Die 94 Zimmer, Suiten und Apartments des 4-Sterne-Superior-Hauses sind ausgestattet mit Balkon in den Südzimmern sowie Berg- oder Dorfblick auf der Nordseite.
Hotel Webpage
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