Zu Unrecht. Denn ein Besuch vor Ort zeigt: Die Region eignet sich hervorragend zum Biken – auch wenn es streng sein kann.
Neugierig schnuppern die beiden Kälber am Vehikel, das beim Lac de Bretaye oberhalb von Villars-sur-Ollon im Kanton Waadt in der Wiese liegt. Bei diesem für die jungen Tiere interessanten Objekt handelt es sich um ein Mountainbike. Für mich das Gefährt für die nächsten paar Stunden. Ich bin auf einer Biketour im Gebiet Villars-Gryon-Les Diablerets unterwegs. Vom Lac de Bretaye führt die Strecke über die Passhöhe Col de la Croix und dem Weiler Taveyanne nach Villars-sur-Ollon. Sie ist damit ein Teil der insgesamt 150 Kilometer Biketrails in der Region.
Noch bin ich frohen Mutes und ähnlich unbekümmert wie die beiden Kälber. Denn der Weg führt erstmal bergab zum malerischen Lac des Chavonnes. Es dauert jedoch nicht lange, bis die Euphorie verflogen ist. Denn wer runterfährt, muss auf einer Biketour in der Regel ja auch wieder hinauf. Das ist bereits kurze Zeit später der Fall, als die erste längere Steigung vor mir liegt. Ich strample drauflos und bin bereits nach wenigen Minuten durchgeschwitzt. Ob es nun an den Homeoffice-Zusatzkilos oder den knapp dreissig Grad Celsius liegt, ist nebensächlich.
Nur ein paar Tage vor dieser Tour war ich noch mit einem E-Mountainbike unterwegs, da ging das alles um einiges einfacher. Das Gute an einer Fahrt mit dem herkömmlichen Bike: Zwischen Trampen, Fluchen und Schwitzen bleibt genügend Zeit, die Gegend zu geniessen. Da sind zum Beispiel die mit Blumen übersäten Wiesen, der Blick auf das imposante Diablerets-Massiv oder auf den Lac des Chavonnes, liebliche Chalets und immer wieder Kühe. Während der Trinkstopps – von denen es einige gibt – wirkt das Läuten der Glocken und das Zirpen der Grillen zudem überaus beruhigend. Genau das Richtige bei einer solchen Achterbahn der Gefühle.
Beim Mittagessen im Restaurant Les Mazots unterhalb der Passhöhe Col de la Croix – es gibt Proteine, Kohlenhydrate, Vitamine und natürlich auch ein Dessert – lasse ich die vergangenen Kilometer Revue passieren. Gleichzeitig wage ich es nicht, den Blick auf die Passstrasse zu richten, es steht nochmals ein längerer Aufstieg bevor. Lieber schaue ich auf die gegenüber der Sonnenterrasse liegenden Gipspyramiden. Faszinierende, durch die Einflüsse von Wasser und Wind entstandene Steinformationen und eine geologische Besonderheit. Dann geht es los mit der letzten Herausforderung, die ich irgendwie auch hinter mich bringe. Dafür wartet danach eine rasante Abfahrt in Richtung Taveyanne, dem pittoresken Weiler, der von weitem aussieht, als habe jemand fein säuberlich Chalets in Reih und Glied in die Erde gepflanzt. Zurück in Villars-sur-Ollon gebe ich mein Bike ausgepowert, aber glücklich bei der Verleihstation zurück – und mache mich mit leicht zittrigen Beinen direkt auf den Weg unter die Dusche. Und zum Schluss noch eine Beichte: Ich war mit einer Gruppe E-Bike-Fahrern unterwegs. Zwischendurch hatten sie solches Erbarmen mit mir, dass ich mich bei ganz steilen Abschnitten auf der insgesamt 27 Kilometer langen Strecke immer mal wieder bei ihnen anhängen durfte. Sonst wäre ich wahrscheinlich jetzt noch unterwegs und hätte die Deadline für diesen Text verpasst.
Reportage: Markus Fässler
Gut zu wissen
Ob rasante Abfahrtsstrecken, technisch anspruchsvolle Passagen, Velowege für Familien und Kinder oder kurvenreiche Passstrassen: In der Region um Villars, Gryon und Les Diablerets gibt es 150 Kilometer Bikerouten für alle Niveaus und Anforderungen. Die Mountainbikes und E-Bikes kann man bequem mit den Gondeln des Roc-d’Orsay (Villars), Les Chaux (Gryon), Diablerets-Express und mit dem Zug Villars–Bretaye transportieren lassen. Inhaber der «Carte Bienvenue» erhalten einen Rabatt von 50%. Die «Carte Bienvenue» gibt es für Gäste, die in Unterkünften in Ollon, Villars, Gryon, Ormont-Dessus und Les Diablerets übernachten, gratis.
alpesvaudoises.ch/carte-bienvenue
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